Essen. Tänzer kommen sich nicht nur beim Pas de deux nah. Ballettchef Ben Van Cauwenbergh über die Hürden, in Corona-Zeiten einen Spielplan zu erstellen
Corona und die notwendigen Abstands- und Hygieneregeln machen es dem Ballettintendanten schwer, einen attraktiven und sicheren Spielplan im Aalto-Theater auf die Beine zu stellen. „Tanz ist eine physische Kunst. Man fasst sich an - nicht nur beim Pas de deux. Ein klassisches Ballett kann nicht aufgeführt werden“, sagt Ben Van Cauwenbergh. Aber das Publikum soll nicht leer ausgehen. Drei Extrakte aus bekannten Produktionen und ein dreiteiliger Abend sind bis Dezember zu sehen.
„Die Show muss weitergehen“ ist eine Kampfansage. Ben Van Cauwenbergh und seine 30-köpfige Compagnie wollen sich nicht von einem Virus unterkriegen lassen. „The show must go on“ hatte unlängst Premiere. Ein halbes Jahr standen Solistin Adeline Pastor und ihre Mitstreiter nicht auf der Bühne und zeigen nun ein Training mit Maske auf der Bühne und dass jeder Sprung, jede Hebung, jede Pirouette sitzt. Aufwärmphase für das, was kommt.
Stehende Ovationen für „The show must go on“
Gleichmäßig über den ausverkauften Raum verteilt sitzen 235 statt 1125 Zuschauer im Aalto-Theater und verfolgen den ersten Ballettabend. Viel Bekanntes ist dabei wie Alexander Ekmans modernes „Tuplet“, das „Weißer Schwan-Pas de deux“ aus „Schwanensee“, „Break free“ aus „Tanzhommage an Queen“ oder „Natalie“ aus „La vie en rose“. Privat zusammenlebende Paare machen es möglich.
Auch Neues hat Ben Van Cauwenbergh einfließen lassen. So „Der sterbende Schwan“ mit einer ausdrucksstarken Mika Yoneyama in einer Choreografie von Michel Fokine. Dazu setzt er ein Duo oder Trio ein mit Violine (Florian Geldsetzer), Violoncello (Ulrich Mohr)und Klavier (Boris Gurvenich) bei ausgesuchten Nummern. Die Zuschauer sind begeistert. Es gibt stehende Ovationen für ein Ensemble, das sich was traut.
„Der Widerspenstigen Zähmung“ ist nicht umzusetzen
„Wir sind so froh, dass wir auftreten dürfen. Ohne Publikum sind wir nichts. Notfalls tanzen wir mit Maske“, meint der Ballettchef. Er ist erleichtert, dass der erste Abend so gut aufgenommen wurde. „Schön ist es nicht, mit Maske zu tanzen. Aber wenn es choreografisch nicht zu schwierig ist, kann man sich daran gewöhnen.“
Was bei „Tanzhommage an Queen“ möglich erscheint, ist bei „Der Widerspenstigen Zähmung“, die für diese Saison geplant war, undenkbar. „Das Stück darf keine Pause haben. Die Masseneinsätze sind zu anstrengend. Es gibt zu viele Pas de deux mit Solisten und damit zu viel Schweiß und Berührung“, erklärt Van Cauwenbergh. „Ich hoffe, dass wir ,Schwanensee’ wieder auf die Reihe kriegen. ,Der Nussknacker’ ist schon wegen der mitwirkenden Kinder ausgeschlossen.“
Die Kindernummern mussten gestrichen werden
Bei dem gekürzten Abend „Eine kleine Tanzhommage“ wurden die Kindernummern gestrichen, die Männer-Pas de deux, „Seaside Rendezvous“ und „Radio Gaga“. „Der Gesamteindruck bleibt noch gut erhalten“, verspricht Van Cauwenbergh.
„Keep moving“ ist ein moderner dreiteiliger Abend aus dem eigenen Haus. Tänzer und Ballettmeister Armen Hakobyan hat für Stuttgart ein Stück kreiert und für Essen weiterentwickelt. In „Many a moon“ geht es um Zeit, die messbare, die gefühlte und die außer Kraft gesetzte, zum Beispiel in der Liebe. Das Tänzerpaar Denis Untila und Michelle Yamamoto („Othello“) spürt in „On the nature of daylight“ dem Ende einer Liebe nach. Und Ben Van Cauwenbergh bringt in „Heimspiel“ einen handfesten Ehekrach auf die Bühne.
Beenden will er dieses herausfordernde Jahr aber versöhnlich und fröhlich. Seine Mixtur für eine etwas andere Ballettgala heißt „Tütü mit Schuss“. Er präsentiert Klassisches und Zeitgenössisches gewürzt mit etwas Spaß.