Essen. Das Franz Sales Haus verdient Anerkennung dafür, dass es ein weiteres dunkles Kapitel der Vergangenheit gründlich aufgearbeitet hat.
Die Berichte der ehemaligen Heimkinder über die schlimmen Nebenwirkungen der in ihrer Kindheit verabreichten Medikamente gehen unter die Haut. Allein schon Begriffe wie „Betonspritze“ und „Kotzspritze“ jagen einem Schauer über den Rücken.
Die Opfer des Tabletten-Wahnsinns waren wehrlose Menschen und in diesen beklemmenden Augenblicken mutterseelenallein. Der Heiland der Nächstenliebe war weit weg, ausgerechnet in einem christlichen Haus. Sie haben großes Leid erlebt, das sie möglicherweise beruflich wie privat völlig aus der Bahn geworfen hat.
Deshalb verdient das Franz Sales Haus große Anerkennung dafür, dass es nach dem Missbrauchsskandal 2010 erneut ein schmerzhaftes Kapitel der eigenen Geschichte gründlich hat aufarbeiten lassen. Das durch die Medikamente geschehene Leid kann nicht wiedergutgemacht werden. Auch nicht mit Geld. Trotzdem darf hinterfragt werden, ob die Höhe der Einmal-Entschädigungen wirklich angemessen ist. Dass sich die Pharmaindustrie in diesem Skandal völlig aus der Verantwortung zieht, ist unbegreiflich.