Essen. Corona hat Luka Maric aus Essen hart getroffen. Dem Messebauer brachen im März alle Aufträge weg. Doch der 32-Jährige hat sich neu erfunden.
Erst hat die Corona-Krise Luka Maric die Existenz gekostet. Nun aber sagt der Essener: „Corona war für mich ein Segen.“
Vier Jahre arbeitete der 32-Jährige selbstständig im Messebau. Das Geschäft lief. Er baute im Auftrag anderer Messebaufirmen die Stände vor Ort auf, war in ganz Deutschland unterwegs. Noch Anfang März, es herrschte wie in jedem Frühjahr Hochbetrieb in der Branche, sollte es für einen Großauftrag nach Passau gehen. Doch zwei Tage vor der Abfahrt wurde die Messe wegen Corona abgesagt. Mit dem Beginn der Pandemie brachen von heute auf morgen alle seine Aufträge weg.
„Mir war schnell klar, dass sich das auch nicht so bald wieder ändern würde“, sagt er. Der Messebau war im März 2020 eine der ersten Branchen, die die Auswirkungen von Corona drastisch zu spüren bekamen, weil alle Großveranstaltungen abgesagt wurden. Auch heute, Monate danach, läuft das Geschäft mit ersten kleinen Messen nur sehr schleppend an. Der Branchenverband befürchtet deshalb, dass ein Drittel der Unternehmen die Krise wohl nicht überleben wird.
Luka Maric hatte keine Zeit dafür, abzuwarten, ob und wie schnell sich die Branche wieder aufrappelt. Als Solo-Selbstständiger wäre ihm nur der Gang zum Jobcenter geblieben. Von der Grundsicherung, die das Amt Selbstständigen zahlt, „hätte ich aber nicht leben können“. Schließlich liefen die privaten Ausgaben trotz Corona unverändert weiter.
Eigenes Entrümpelungsunternehmen gegründet
Er suchte sich deshalb einen Job bei einem Unternehmen in Köln, das Haushaltsauflösungen und Entrümpelungen anbietet. Ein Bekannter aus dem Messebau hatte ihm die Arbeit vermittelt. Für Luka Maric ging es erstmal darum, weiter Geld zu verdienen. Doch schon nach kurzer Zeit fragte sich der 32-Jährige: Warum mache ich das mit den Haushaltsauflösungen nicht selbst?
Er kaufte sich einen gebrauchten Transporter und entwickelte eine Internetseite für seine Firma „Entfix“. Wie man Internetseiten so programmiert, dass sie bei Suchmaschinen möglichst weit oben auftauchen, damit kannte er sich aus. „Ich habe es geschafft, dass ich bei Google schon nach kurzer Zeit gut positioniert war.“
So abgeklärt, wie er heute klingt, war er damals nicht. „Natürlich hatte ich große Existenzängste und habe mich gefragt, ob ich das ganze Geld wirklich in eine neue Firma investieren soll.“ Doch schon Ende März, also nur wenige Wochen nach dem Messe-Schock, bekam er den ersten Entrümpelungsauftrag in Steele. Das neue Geschäft laufe mittlerweile immer besser. „Ich habe gut zu tun“, sagt der 32-Jährige. Er verdiene mit den Haushaltsauflösungen bereits mehr als mit dem Messebau.
Alte Weinflaschen aus einem Keller brachten gutes Geld
Vor allem aber macht ihm seine neue Unternehmung deutlich mehr Freude als der Messebau, bei dem man erst akribisch Dinge aufbaut, um sie bereits nach wenigen Tagen wieder abzureißen. Haushaltsauflösungen dagegen seien für ihn wie Schatzsucherei. „Man findet dabei unglaubliche Sachen.“ Auch lerne er täglich mehr über alte Möbel, über Gemälde oder Bücher.
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Und auch über Wein. So sollte Luka Maric vor einigen Wochen bei einer Haushaltsauflösung den Weinkeller einer alten Dame ausräumen. Etwa 50 Flaschen hatten sich dort angesammelt. „Als ich eine Flasche mal probeweise bei Google eingegeben habe, war ich völlig überrascht.“ 300 Euro sollte das gute Tröpfchen aus Frankreich wert sein. Diese Flasche wie auch die anderen hat Maric dann bei Ebay tatsächlich „für einen guten Preis“ verkaufen können.
Es gibt aber auch Überraschungen anderer Art. So lagerte in einem Keller in Essen unter normalem Sperrmüll ein ganzer Haufen Braunkohle, den Luka Maric dann mühevoll von Hand in Eimer schippen und heraustragen musste. „Die konnte man nur noch entsorgen, so alt waren die.“
Essener will anderen Mut in der Krise machen
Vom Messebau will Luka Maric heute nichts mehr wissen. Ein Zurück werde es für ihn nicht geben, egal was nach Corona passiert. Stattdessen schmiedet er schon Pläne, wie er sein Entrümpelungsgeschäft in Zukunft noch vergrößern könnte. Wenn es weiter so aufwärts gehe, dann könne er Mitarbeiter einstellen, vielleicht sogar zwei bis drei Teams aufbauen. Auch ein Laden wäre gut, wo er seine „Schätze“ aus den Haushaltsauflösungen verkaufen könnte.
Noch sind das freilich Träume. Doch mit seiner Geschichte will der 32-Jährige anderen Mut machen, die von Corona getroffen wurden. „Man kann sich neu erfinden. Manchmal hilft einem eine solche Krise sogar dabei.“