Essen. Im vergangenen Jahr starben in Essen 24 Menschen an den Folgen ihrer Sucht. Der Toten wurde auf dem Burgplatz in der Essener Innenstadt gedacht.
Die Zahl der Drogentoten in Essen hat im vergangenen Jahr ein Zehnjahres-Hoch erreicht. 24 Menschen hat der Rauschgiftkonsum das Leben gekostet. Das waren doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Zuletzt wurde dieser Negativ-Rekord nur 2009 übertroffen, als 26 Essener an den Folgen ihrer Abhängigkeit starben. Der traurige Trend dürfte sich weiter fortsetzen.
Die Suchthilfe Essen berichtet von bereits 15 gestorbenen Konsumenten allein in der ersten Hälfte diesen Jahres, bei denen am Ende vor allem Krebserkrankungen tödlich waren. Anlässlich des „Internationalen Gedenktags für verstorbene Drogengebrauchende“, der am Dienstag auf dem Burgplatz in der Essener Innenstadt begangen worden ist, befürchten die Experten von der Hoffnungstraße in den nächsten Jahren eine steigende Zahl von Drogentoten.
„Ein weiterer Anstieg der Population der älteren und multimorbid erkrankten Drogenabhängigen ist zu erwarten“, sagt Frank Langer, Sprecher der Suchthilfe an der Hoffnungstraße. Und damit zwangsläufig eine Zunahme der Fälle, bei denen die Süchtigen wie 2019 auch oftmals an den Folgen ihres nicht selten jahrzehntelangen Drogenmissbrauchs und den daraus resultierenden Erkrankungen sterben.
Viele der Drogentoten waren der Suchthilfe Essen seit Jahren bekannt
„Viele der Drogentoten, die der Suchthilfe direkt Essen seit vielen Jahren bekannt und in Behandlung waren, sind in den sechziger Jahren geboren und in einem Alter zwischen 50 und 60 Jahren und darüber nach einer langen Drogengeschichte verstorben“, weiß Langer, zum Beispiel an den Folgen einer chronischen Hepatitis C, an HIV, in Einzelfällen durch Suizide. Bei den jüngeren Abhängigen seien eher Überdosierungen die häufigste Ursache. Ein höherer Reinheitsgrad der Drogen, der immer eine latente Gefahr sein kann, haben die Rauschgiftexperten allerdings nicht feststellen können.
Anlässlich des Welt-Drogentages im Juni hatte die Suchthilfe Essen dringend an Entscheider in Politik und Gesundheitswesen appelliert, während und nach der Corona-Krise nicht auf Kosten der Suchtkrankenhilfe zu sparen. Das Essener Hilfesystem mit seinen differenzierten Angeboten in der Beratung, mit den niedrigschwelligen Einrichtungen oder der Substitutionsbehandlung sei weit und breit eines der besten und rette Leben, betont Langer, für den eins sicher ist: „Die Krise wird leider auch neue Suchtkranke hervorbringen – vom Drogenkonsum bis zum Online-Glücksspiel sind Menschen in der Einsamkeit anfälliger denn je.“
350.000 Spritzen werden an der Hoffnungstraße ausgegeben
Dem wird die Suchthilfe mit ihrer ganzen Erfahrung aus nunmehr fast fünf Jahrzehnten begegnen wollen, und zwar mit unterschiedlichsten Ansätzen. Es war in Essen gerade immer die Vielzahl der maßgeschneiderten Angebote zwischen Sucht und Ausstieg, von der Vorbeugung über den Drogenkonsumraum bis hin zur Therapie, die die Zeiten, als die Drogenszene am Hauptbahnhofund im Bernewäldchen vor dem Krisencafé als nicht mehr tolerierbar erklärt wurde, zur Geschichte gemacht hat.
Bevor sich die Abhängigen unter hygienischen Bedingungen und ärztlicher Aufsicht im Essener Drogenkonsumraum ihren Schuss setzen konnten, war das Elend auf der Straße unerträglich: Mit Wasser aus dreckigen Pfützen wurden unzählige Spritzen aufgezogen. An der Hoffnungstraße werden inzwischen pro Jahr 35.000 Konsumvorgänger in einem weitaus beschützteren Rahmen gezählt.
Das Drogenhilfezentrum ist für Ratsuchende an den Werktagen erreichbar
Das neue Rekordhoch bei den Rauschgifttoten ist für die Suchthilfe der Anlass, das schon hohe Niveau weiter anheben wollen. Für Frank Langer ist klar: „Diese Zahlen können wir nicht hinnehmen.“
Das Drogenhilfezentrum an der Hoffnungstraße 24 in Essen ist für Ratsuchende von Montag bis Freitag unter der Rufnummer 0201-8603-0 erreichbar.