Essen. Wer wegen Corona nicht mehr seinen finanziellen Pflichten nachkommen konnte, durfte Zahlungen aufschieben. Nur wenige Essener haben das genutzt.

Die befürchtete Welle von Zahlungsaufschüben bei Mieten, Krediten oder der Gasrechnung ist in Essen ausgeblieben. Offenbar ist ein Großteil der Essener trotz Kurzarbeit in den ersten Monaten von Corona finanziell doch nicht so hart getroffen worden wie zunächst erwartet. Allerdings rechnen Verbraucherschützer damit, dass sich die Lage in den Haushalten in den kommenden Wochen zuspitzen könnte, da diese Möglichkeiten Ende Juni ausgelaufen sind. Im Juni hatten allerdings noch fast 5300 Unternehmen in der Stadt Kurzarbeit angemeldet. Auch die Arbeitslosenzahlen waren in dem Monat weiter gestiegen.

Bei der Sparkasse Essen haben von April bis Mitte Juli daher rund 1500 Privatkunden von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Kredite zu stunden. „Das ist nur ein sehr kleiner Anteil“, betonte ein Sprecher auf Nachfrage. Die Sparkasse hat ihren Kunden noch bis 30. September das Zahlungsmoratorium angeboten. Das Kreditinstitut rechnet nicht damit, dass sich die Zahl der Zahlungsaufschübe in den kommenden Wochen noch stark nach oben entwickeln wird.

Stadtwerke Essen geben in 150 Fällen ein Zahlungsmoratorium

Bei den Stadtwerken Essen haben von März bis Ende Juni 150 Gaskunden um die Stundung ihrer Rechnungen gebeten. Auch hier, so heißt es, sei das nur ein sehr kleiner Teil der belieferten Haushalte. Allerdings, so Sprecher Dirk Pomplun, bezieht sich die Zahl nur auf die Essener, die als Grund für ihre Zahlungsaussetzung explizit Corona als Grund angegeben hatten. Es sei daher nicht auszuschließen, dass es eine Dunkelziffer gebe. Die betroffenen Haushalte hätten im Juli die Zahlungen wieder regulär aufgenommen.

Obwohl Vermieter befürchtet hatten, dass viele Mieter das vom Bund verabschiedetet Zahlungsmoratorium nutzen werden, sah die Praxis anders aus. Essens größter Wohnungsvermieter, der städtischen Allbau, zählte bis Juli gerade einmal 105 Anfragen von Wohnungsmietern nach Unterstützung. Das seien 0,59 Prozent der Allbau-Mieter, heißt es.

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Im Bereich der gewerblichen Mieter scheint die Situation angespannter. Etwa elf Prozent der Mieter von Ladenflächen etc. bat um Zahlungsaufschub. „Am Ende des Jahres werden wir die Situation wohlwollend bewerten“, teilte der Allbau dazu mit. „Wir sind uns sicher, dass wir im Anschluss eine für beide Seiten tragbare Lösung finden werden.

Weiter in Not? Verbraucherzentrale rät zu frühzeitigen Gesprächen

Bundestag und Bundesrat hatten im März ein Gesetz beschlossen, das von der Corona-Krise betroffene Verbraucher unterstützen sollte. Wer zum Beispiel seinen Job verloren hat oder von Kurzarbeit betroffen war, musste von April bis Juni ständige Rechnungen wie Strom, Gas, Wasser oder Telefon erst mal nicht zahlen. Auch bei der Miete gab es einen Zahlungsaufschub und Kreditraten wurden gestundet. Dies ist jedoch am 30. Juni ausgelaufen, es sei denn, Banken wie die Sparkasse haben eigene Regeln aufgestellt.

„Seit Juli müssen Verbraucher, die das in Anspruch genommen haben, alle Zahlungen nachholen“, betont Ingo Döring, Berater bei der Essener Verbraucherzentrale. „Für Menschen, bei denen das Geld weiterhin knapp ist, kann die Lage ohne die Aufschubregelung noch schwieriger werden“, befürchtet er. Die Verbraucherzentrale rät daher, in jedem Fall frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter, dem Versorger oder der Bank zu suchen.

Außerdem verweist die Verbraucherzentrale auf einen mögliche staatliche Unterstützung: So könnte eine Aufstockung des Arbeitslosengeldes infrage kommen oder auch Wohngeld beantragt werden. „Auf jeden Fall sollte man verhindern, dass sich ein Schuldenberg auftürmt“, mahnt Döring.