Essen. Essener Museum präsentiert Sieger des Red Dot Award auf Zollverein. Statt der großen Gala gab’s in Coronazeiten erstmals eine Instagram-Schau.
Einmal im Jahr trifft sich die Designwelt für gewöhnlich auf der Essener Zeche Zollverein. Die Verleihung des Red Dot Awards ist ein internationales Ereignis, zu dem die Preisträger von Asien bis USA anreisen. Angesichts der Corona-Pandemie musste die große Gala mit anschließender Designerparty in diesem Jahr ausfallen. Dafür hat das Red Dot Design Museum seine Gewinner erstmals auf Instagram groß gefeiert. Ein Gespräch mit CEO Peter Zec über neue Aufgabenfelder des Designs im Zeitalter der Digitalisierung und die Frage, was Handys und Badewannen verbindet.
Herr Zec, seit Ausbruch der Corona-Krise ist Deutschland im Renovierungs- und Neueinrichtungs-Fieber. Hat uns die Pandemie gezeigt, wie wichtig ein gut gestaltetes Zuhause ist?
Zec: Man sollte nicht auf ein Virus warten, um sich ein schönes Büro oder Wohnzimmer einzurichten. Das braucht man immer.
Was hat die Coronakrise in Ihrem Wohnzimmer ausgelöst?
Gar nichts. Im Gegenteil. Ich habe endlich einmal die Dinge genießen können, die dort stehen, während ich sonst ganz viel in der Welt unterwegs bin.
Apropos. Viele Dienstreisen werden jetzt durch Video-Konferenzen ersetzt. Was hat das im Design-Bereich ausgelöst?
Wir sehen schon seit einer Weile im Wettbewerb, dass der Bereich rund ums Thema Kommunikationstechnik ungeheuer an Bedeutung gewonnen hat. Die Zahl der Einreichungen hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Gerade im Bereich der Laptops und Smartphones bricht ein gewaltiger Wettbewerb los. Das ist unsere Erfahrung: Vor allem die Produktbereiche, wo ein hoher Saturierungsgrad und Wettbewerb herrscht, machen beim Red Dot mit, um sich durch die Auszeichnung zu differenzieren. Das erklärt beispielsweise auch, warum im Wettbewerb so viele Badewannen zu sehen ist.
Badewannen und Handys scheinen etwas gemeinsam zu haben. Sie sehen fast alle ähnlich aus.
Vor fünf Jahren sahen tatsächlich fast alle Handys aus wie ein iPhone. Jetzt bemüht man sich um ein eigenständiges, differenziertes Design. Eine Neuigkeit am Markt ist beispielsweise wieder das faltbare Handy mit aufklappbarem Display.
Die Red Dot-Jury ist im Frühjahr noch in Essen zusammengekommen, die Preisverleihung mit großer Gala und Teilnehmern aus aller Welt konnte in diesem Jahr aber nicht stattfinden. Wie haben Sie Ersatz geschaffen?
Mit einer „Red Dot Design Week“ auf Instagram. Während am ersten Tag beispielsweise die Erfolge der 76 „Red Dot: Best of the Best-Sieger“ gefeiert wurden, stand das „Red Dot: Design Team of the Year 2020“, Fiskars, am darauffolgenden Tag im Mittelpunkt. Aber natürlich präsentieren wir die rund 1800 ausgezeichneten Produkte aus aller Welt von Japan bis Schweden auch weiterhin vor Ort im Red Dot Design Museum auf Zollverein.
Was sind die neuen Trends?
Der Wettbewerb ist immer ein Barometer der Entwicklung in allen Industrien. So gibt es bei uns inzwischen eine eigenständige Kategorie „Drohnen“. Vor zehn Jahren war das am Markt noch kein Thema. Und auch der medizinische Bereich wächst weiter. Der ausschlaggebende Punkt war die Gesundheitsreform. Denn in dem Moment, wo ein Patient für Hilfsmittel zuzahlen muss, fängt er auch an, sich mit der Optik auseinanderzusetzen. Und dann wählt er das besser gestaltete.
Und wie steht’s mit dem Thema Elektromobilität?
Mit dem Honda-e haben wir gerade erst ein Fahrzeug ausgezeichnet, das nicht nur auf ein neues Energiekonzept setzt. Es ist quasi die Verlängerung des Homeoffice in den Automobilbereich, ein fahrender Computer. Generell werden im Wettbewerb aber immer mehr Elektroautos angemeldet. Wobei Elektro meiner Meinung nach nicht die letzte Lösung sein wird. Ein Elektromotor hat 25 Teile, die kann man einfach in China zusammenbauen. Da würde das ganze deutsche Ingenieurwissen nicht mehr gebraucht. Deshalb werden wir wohl auf die Brennstoffzelle warten.
Welche neuen Herausforderungen stellt die Pandemie an Designer? Werden wir bald auch den Mundnasenschutz in der Ausstellung sehen?
Natürlich. Es gibt kaum einen Designer, der sich nicht daran versucht. Aber das ist mehr ein trivialer Auswuchs. Viel interessanter wird sein, mit welchen neuen Technologien die Gesellschaft auf Corona reagiert. Wird gutes Produktdesign zum Beispiel dazu beitragen, dass es weniger Berührungsflächen im öffentlichen Bereich gibt, indem man zu sprachgesteuerten, kontaktfreien Lösungen kommt? Das fängt ja schon bei der Türklinke an. Das sind Herausforderungen für die Industrie, aber auch für die Designer.
Gewinner der Coronakrise ist der Onlinehandel. Braucht es angesichts der großen virtuellen Angebots überhaupt noch ein Design Museum?
Ja. Wir werden in diesem Jahr zwar erstmals beim Wettbewerb für Kommunikations-Design eine reine Online Jurierung durchführen. Das funktioniert aber nicht bei einem dreidimensionalen Produkt. Die muss man vor Ort haben, auch wenn wir dafür tausende Waren durch die ganze Welt nach Essen bewegen. Dafür gibt es keine Alternative. Sonst würde man die Qualität eines Fotos, nicht eines Produktes bewerten. Und auch für den Endverbraucher ist es interessant, Produkte bei uns zu sehen, die er später vielleicht im Onlineshop kaufen kann.