Essen. Der Auftritt der Contilia-Geschäftsführung vor der Politik zeigt: Noch will diese sich mit dem schnellen Klinik-Aus Ende 2020 nicht abfinden.
Der Wirkungstreffer kam, als schon keiner mehr damit rechnete. Verpackt in sein Schlusswort winkte der Oberbürgermeister da den beiden Chefs von Klinik-Betreiber Contilia mit dem Zaunpfahl zu: Die sollten mal nicht glauben, dass sie ihre einschneidenden Pläne für die Krankenhaus-Landschaft im Norden gänzlich nach eigenem Gutdünken durchziehen könnten, vielmehr sei man am Ende etwa für Bau-Genehmigungen „angewiesen auf uns als Stadt Essen“, wie Thomas Kufen anmerkte. Der OB ist überzeugt: „Sie werden Ihr Konzept verändern müssen.“
Dass die so angegangenen da beipflichten, danach sieht es bislang gleichwohl nicht aus. Auch nicht nach jenem zweieinhalbstündigen politischen Scherbengericht, das die Contilia-Geschäftsführer am Montag im Ratssaal eher unterkühlt über sich ergehen ließen.
OB stellt klar: Die Stadt will investieren, aber kein Krankenhaus betreiben
Während die Parteien durch die Bank enttäuschtes Vertrauen und Frust über eine chaotische Strategie beklagten, versuchte die Stadtspitze, mit Zusagen zu dokumentieren, dass man „den Essener Norden nicht im Stich lässt“, wie der OB es formulierte: Man will womöglich freiwerdende Grundstücke kaufen, die
Beteiligten vernetzen und in ambulante oder stationäre Versorgungsstruktur investieren. Die Stadt werde aber, stellte Kufen einmal mehr klar, „kein Krankenhaus betreiben“.
Der Einsatz gilt der großen Sorge, dass die geplante Schließung von Marienhospital und St. Vincenz-Krankrankenhaus zum Jahresende – dieser Termin wurde bekräftigt – nicht nur „die Nord-Süd-Debatte in der Stadt wiederaufflammen lässt“, wie Martin Schlauch (SPD) fürchtet. Sondern dass damit unterm Strich auch eine spürbare Verschlechterung der Gesundheitsversorgung in der Nordhälfte der Stadt einhergeht.
Opfert Contilia zwei Nord-Kliniken zur Standortsicherung im Süden?
Contilia bestreitet dies ausdrücklich, „ansonsten würde ich das nicht vertreten“, versichert Geschäftsführer Albrecht. Doch die Politik glaubt dem Klinikbetreiber nicht, sondern mutmaßt in Teilen sogar, man wolle da wohl zu Lasten des Nordens eine Marktbereinigung in der Gesundheitswirtschaft anstoßen, die zugleich Standorte im Süden Essens sichert.
Und warum die große Eile? Was tun in Zeiten der Versorgungslücke, wenn die beiden Hospitäler dichtgemacht sind und der Ausbau am Borbecker Philippusstift noch nicht erfolgt ist? Auf diese Fragen hatte der Klinik-Betreiber auch am Mittwoch keine Antwort.
Warum nicht das Marienhospital statt des Philippusstifts ausbauen, fragt die CDU
Und reagierte auch nicht auf den Vorschlag von Dirk Kalweit (CDU), es sei doch denkbar, nicht das Philippusstift als zentralen Standort im Norden auszubauen, sondern das geografisch weit günstiger gelegene und besser angebundene Marienhospital in Altenessen.
Der OB hat inzwischen alle Landtags- und Bundestagsabgeordneten eingeschaltet und die Contilia-Gesellschafter angeschrieben. Sie sollen mithelfen, keine Fakten zu schaffen, bevor es nicht eine einvernehmliche Lösung gibt. Nach der sieht es derzeit allerdings nicht aus.