Essen. Die Stadt will den Verkehr auf der Alfredstraße mit Ampeln so reduzieren, dass Grenzwerte eingehalten werden. Mögliche Folgen für andere Straßen.

Im Laufe des Juli und August wird die Stadt Essen auf der Alfredstraße (B224) in Rüttenscheid die sogenannte umweltsensitive Ampelschaltung scharf stellen. Auf dem 398 Meter langen Teilstück zwischen der Bertoldstraße und der Folkwangstraße gilt dann Tempo 30.

Die Stadt verspricht sich davon, dass die Schadstoffbelastung der Luft zurückgeht und die Grenzwerte auf Dauer eingehalten werden. Christoph Doll vom Büro TSC Beratende Ingenieure für Verkehrswesen, das im Auftrag der Stadt eine Reihe von Tests durchgeführt hat, geht nach den vorliegenden Ergebnissen davon aus, dass der Wert für Stickstoffdioxid um bis zu vier Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zurückgehen wird. 2019 lag die Belastung im Jahresdurchschnitt bei 39 Mikrogramm und damit knapp unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Durch Tempo 30 auf der Alfredstraße verlängert sich die Fahrtzeit um 19 Sekunden

Nach Berechnung des Büros TSC wird die Belastung durch die Einführung von Tempo 30 auf dem besonders belasteten Abschnitt der Alfredstraße unweit des Museum Folkwang um einen Mikrogramm zurückgehen. Die Fahrtzeit verlängert sich durch die Verschärfung des Tempolimits von 29 Sekunden auf auf 48 Sekunden.

Größeren Einfluss erwartet TSC von der Ampelschaltung. Mit deren Hilfe soll der Verkehr auf dem zwei Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen der A52 und dem Bismarckplatz um zehn Prozent reduziert werden, was etwa 4000 Fahrzeugen pro Tag entspricht.

Der Verkehrsfluss soll dafür mit Hilfe sogenannter Pförtnerampeln reguliert werden. Wer die Alfredstraße in Richtung Süden entlang fahren will, wird am Bismarckplatz aufgehalten. Auch Autofahrer, die aus Richtung A 40 kommen und von der Friedrichstraße in die Alfredstraße abbiegen wollen, werden länger warten müssen.

Bei Stau auf der A52 und bei Messeverkehr wird das System nicht scharf geschaltet

In Fahrtrichtung Norden gilt dies an den Ampeln am Bredeneyer Kreuz, an der A52 und in Höhe der Norbertstraße. Auch auf der Norbertstraße wird der Verkehr durch Pförtnerampeln geregelt und zwar hinter der Abfahrt von der A52 sowie an der Einmündung auf die Alfredstraße am Messeparkplatz vor der Grugahalle. Das betrifft auch die Buslinie 142, die dann für die Fahrt in Richtung Innenstadt länger braucht.

„Drei bis fünf Fahrzeuge können bei Grün nicht mehr passieren“, so Doll. Diese verteilen sich auf zwei Fahrspuren. Ob Autofahrer längere Wartezeiten in Kauf nehmen oder andere Strecken wählen, bleibt dahin gestellt. Längere Wege bedeuten jedenfalls, dass der Verkehr insgesamt zunimmt und folglich mehr Abgase ausgestoßen werden - nur eben an Straßen, an denen die Luftbelastung niedriger ist oder an denen es eben keine Messstellen gibt. Zu erwarten sei, dass Autofahrer sich alternative Wege suchen - zum Beispiel auf der A52 in Essen-Süd abfahren und von dort in Richtung Innenstadt weiter fahren.

„Die Pförtnerung wird nur dann geschaltet, wenn es tatsächlich aufgrund der Umweltsituation erforderlich ist“, betont Gutachter Christoph Doll. Denn die Rechner verarbeiten künftig nicht nur Daten über die Verkehrsmenge, sondern auch solche zur Luftbelastung. Das technische System erlaube es, auf die aktuellen Messwerte zu reagieren. An 26 Messstellen werden Schadstoffwerte erfasst, und in das System eingespeist.

Der Querverkehr wird durch die Ampelschaltung nicht beeinträchtigt

Nicht „gepförtnert“ wird laut Doll, wenn sich der Verkehr auf der A52 stauen sollte. Auch wenn in Rüttenscheid Messeverkehr herrscht, soll das System nicht scharf geschaltet werden. Ausgerechnet dann, wenn besonders viel los ist auf den Straßen.

Auf der Alfredstraße bleibt es zwischen A52 und Bismarckplatz bei den bisherigen Ampelphasen. Die Umlaufzeit von einer Grünphase bis zur nächsten beträgt weiterhin 104 Sekunden. „Wir pförtnern nicht zu Lasten des Querverkehrs. Die Situation wird sich auf keinen Fall verschlechtern“, betont Rainer Wienke vom Amt für Straßen und Verkehr.

Die umweltsensitive Ampelschaltung hat ihren Preis. Die Kosten, von denen der Bund die Hälfte übernimmt, belaufen sich auf rund vier Millionen Euro. Davon entfallen rund 600.000 Euro auf Ausgaben für Gutachter- und Ingenieurleistungen. 400.000 Euro kostet die Anschaffung und Installation von acht elektronischen Anzeigetafeln, die Autofahrer darauf hinweisen, wann das System scharf geschaltet ist. Mit 1,5 Millionen Euro schlägt die Umrüstung der Ampeln zu Buche, weitere 1,5 Millionen Euro kostet es, den Verkehrsrechner aufzurüsten.

Das Geld sei gut angelegt, heißt es vonseiten der Verwaltung, denn perspektivisch will die Stadt die Ampelschaltung an Hauptverkehrsstraßen digitalisieren. Nicht nur auf der Alfredstraße sollen dann Daten zur Umweltbelastung berücksichtigt werden.