Essen. Die Zuschauer erleben einen außergewöhnlichen Open-Air-Abend am Essener Baldeneysee. Sänger Joris bringt die Gäste trotz Abstand zum Tanzen.

Schon acht Stunden vor Konzertbeginn trifft sich Nina Wurzer mit ihren Freunden am Seaside Beach in Essen – und zwar nicht aus Angst vor einer langen Warteschlange. Ganz im Gegenteil: Nur 100 Gäste lauschen am Samstagabend den Klängen von Sänger Joris und seiner Band. Es ist das erste Festival am Baldeneysee nach den Lockerungen – und unter ganz besonderen Bedingungen.

Doch die 34-jährige Nina Wurzer verrät: „Ich war schon bei 103 Auftritten von Joris. Aber ich glaube, heute wird ein ganz besonderer Abend.“ Und während sie sich beim Soundcheck warm tanzt, erzählt sie mit strahlenden Augen: „Es ist einfach ein Traum, dass endlich mal wieder etwas stattfindet im tristen Corona-Alltag.“ Erstmals seit den pandemiebedingten Einschränkungen gab es am Wochenende nämlich ein dreitägiges Abendprogramm im Seaside Beach in Essen. Eingeladen hatte dazu der Radiosender 1-Live.

Gäste werden im Seaside Beach in einzelne Bereiche eingeteilt

Joris hat die 100 Zuschauer mit seinen Liedern zum Tanzen und Schunkeln gebracht.
Joris hat die 100 Zuschauer mit seinen Liedern zum Tanzen und Schunkeln gebracht. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Wo normalerweise 10.000 Gäste bei Konzerten und Festivals im Sand tanzen und feiern, sind an diesem Wochenende nur einhundert Besucher pro Abend zugelassen. Aufgrund der Abstandsregelung wird das Publikum nach dem Einlass zusätzlich auf 25 kleine Areale eingeteilt. Dort können es sich insgesamt vier Personen aus maximal zwei Haushalten auf großen Bänken aus Holz bequem machen.

Dekoriert sind die abgetrennten Flächen mit bunten Teppichen, Zimmerpflanzen, Lichterketten und farbenfrohen Fässern, die zu Tischen umfunktioniert worden sind. Die Atmosphäre ist gemütlich und die Rasenfläche erinnert anfangs eher an ein großes Wohnzimmer unter freiem Himmel.

Doch als Sänger Joris um 21 Uhr mit seiner Band die Bühne betritt, wandelt sich die Stimmung. Die Gäste springen jubelnd auf und die Fans in der ersten Reihe schreien vor Freude, als Joris ankündigt: „Das ist ein Konzert der ganz besonderen Art: Wir werden heute tanzen, aber auch paar ruhige Töne zusammen genießen, hinter denen sich ein paar persönliche Geschichten verbergen.“

Die Stimmung unter den Gästen ist ausgelassen

Anfangs schunkeln die Gäste bei den ruhigeren Klängen in ihrem privaten Bereich. Beim Song „Bis ans Ende der Welt“ nehmen sich viele in den Arm, nachdem Joris verraten hatte, dass er den Song für einen Freund geschrieben hat, der sehr früh seinen Vater an Krebs verlor. Im Laufe des Abends tanzen immer mehr Gäste. Doch als Sänger Joris auf sein Klavier steigt und mit dem Fuß zum Rhythmus stampft, springen auch die letzten von ihren Holzbänken auf. Der ausgelassenen Stimmung kann selbst ein kurzer Regenschauer keinen Abbruch tun. Jenny Grohmann und ihre Begleiterinnen ziehen sich kurzerhand Regencapes über.

Finnja Sommer und Jenny Grohmann (v.l.)waren beim Konzert von Joris dabei,. Sie haben sich mit Regencapes ausgestattet.
Finnja Sommer und Jenny Grohmann (v.l.)waren beim Konzert von Joris dabei,. Sie haben sich mit Regencapes ausgestattet. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Das schlechte Wetter macht uns nichts – die Stimmung ist fantastisch“, schreit die 23-Jährige freudestrahlend gegen den wummernden Bass in der ersten Reihe an. Und als Joris zwischenzeitlich fragt: „Fühlt sich Essen wohl?“, hagelt es Zurufe und tosenden Applaus.

Am Ende des Abends wird es noch einmal sentimental. Das Licht wird ausgeschaltet, die Band steht auf der dunklen Bühne und die Zuschauer schwenken ihre Smartphones mit eingeschalteter Taschenlampe durch die Luft. Mit Standing Ovations fordert das Publikum zweimal eine Zugabe, die Joris gern gestattet.

Vanessa Dillenhöfer, Jonathan Merles, Jennifer Roth und Nina Wurzer (v.l.) tanzen im Regen.
Vanessa Dillenhöfer, Jonathan Merles, Jennifer Roth und Nina Wurzer (v.l.) tanzen im Regen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Nina Wurzer ist begeistert: „Es war ein ganz besonderes Konzert in einer ganz besonderen Zeit.“ Das bestätigt auch Besucherin Luisa Pasold: „Die Corona-Zeit war die absolute Hölle für mich. Im letzten Jahr war ich insgesamt auf 170 Konzerten. Ich habe diesen Abend und diesen Auftritt wirklich gebraucht und konnte endlich mal wieder alle Gefühle beim Tanzen herauslassen.“