Die Verbraucherzentrale Essen zeigt einen Weg auf, wie Jugendliche ihre Schulden loswerden, die sie vor dem 18. Geburtstag gemacht haben.

Essen. Die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatungen hat dieses Jahr die „Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung“ zum Thema. Janet Lindgens sprach darüber mit dem Schuldnerberater der Essener Verbraucherzentrale, Volker Naujok.

„Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung“ - das klingt ziemlich kompliziert. Was hat es damit auf sich?

Schon Kinder und Jugendliche können Schulden haben, auch wenn sie eigentlich nicht geschäftsfähig sind. Das kann passieren, wenn sie Verträge mit ausdrücklicher Zustimmung der Eltern abschließen und diese dann nicht bezahlen oder bezahlen können. Mit der Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung besteht aber die Möglichkeit, alle Schulden, die vor dem 18. Geburtstag aufgelaufen sind, loszuwerden. Die jungen Menschen haften nämlich dann nur mit dem Vermögen, das vor diesem Stichtag vorhanden ist. Die meisten haben aber erfahrungsgemäß kaum etwas auf der hohen Kante.

Warum ist es wichtig, auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen?

Die Einrede zu Beschränkung der Minderjährigenhaftung ist nach meinen Erfahrungen relativ unbekannt. Sie ist aber wichtig, weil sie jungen Menschen die Chance gibt, schuldenfrei ins Erwachsenenleben zu gehen. Denn häufig erleben wir in der Beratung, dass junge Menschen das Thema Schulden gern vor sich herschieben. Doch das löst das Problem nicht. Meist setzt es sich dann im Erwachsenenalter fort.

Welche Fälle erleben Sie in der Beratung?

Ich kann mich an einen jungen Mann erinnern, der mit seiner Großmutter in die Beratung kam. Er hatte mit Einwilligung der Mutter als 15-Jähriger einen Vertrag mit einem Fitnessstudio abgeschlossen. Anfangs zahlte noch die Mutter die Mitgliedsbeiträge. Später nicht mehr. Der junge Mann hatte irgendwann das Interesse am Fitnessstudio verloren, der Vertrag aber lief weiter. Als er 18 Jahre alt war, kam ein Brief einer Inkassoanwältin. Sie forderte über 800 Euro von ihm, die er nicht zahlen konnte. In dem Fall konnten wir mit der Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung die Schuldenforderung abbiegen, da der junge Mann, zum Zeitpunkt, als er 18 Jahre alt wurde, kein Vermögen hatte.

Ist das nicht aber eine Einladung für junge Menschen, hemmungslos Schulden zu machen? Nach dem Motto: Mir passiert doch eh nichts.

Natürlich kann man alles missbrauchen. Aber ich erlebe in der Beratung eher Menschen, denen ihre Schulden unangenehm sind. Keiner macht doch gerne Schulden. Außerdem geraten Kinder und Jugendliche manchmal auch ohne eigenes Zutun in die Schuldenfalle. Das kann vorkommen, wenn die Kinder in Hartz-IV-Haushalten leben und die Eltern zu viel bezahlte Leistungen ans Amt zurückzahlen sollen. Dann werden die Kinder von der Behörde mit in Haftung genommen.

Sie sagen, Jugendliche haften für ihre Schulden nur mit ihrem Vermögen, das sie zum Zeitpunkt des 18. Geburtstages haben. Müssen sie damit rechnen, dass dann Dinge wie das Handy als Vermögen herangezogen werden?

Nein, unpfändbare Gegenstände, also übliche Haushalts- und Gebrauchsgegenstände wie das zwei Jahre alte Mobiltelefon oder das viel gebrauchte Tablet, mit dem sich Jugendliche informieren, gehören nicht dazu und müssen nicht zur Schuldentilgung eingesetzt werden. In der der Regel geht es um Erspartes.

Wer schon im Jugendlichenalter Schulden hat und die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nutzen will, wo bekommt er Hilfe?

Natürlich kann man die Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung selbst stellen. Besser ist es aber, wenn Betroffene Beratungsstellen wie uns aufsuchen. Denn wir erleben, dass Gläubiger meist erstmal blocken.

Gibt es eine Frist, bis zu der ich handeln muss?

Nein, die Einrede zur Beschränkung der Minderjährigenhaftung ist jederzeit möglich.