Essen. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt bereits in 188 Fällen wegen möglichen Betrugs. Und noch immer gehen fast täglich neue Anzeigen ein.

Die Aussicht auf das schnelle Geld in Corona-Zeiten hat auch in Essen offenbar dutzendfach Betrüger auf den Plan gerufen. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt derzeit in 188 Fällen wegen Betrugs in Zusammenhang mit den Corona-Soforthilfen.

Der Verdacht: Die Betroffenen sollen die Hilfsgelder vom Land kassiert haben, obwohl sie ihnen gar nicht zustanden. Damit ist die Zahl der Verdachtsfälle binnen weniger Wochen sprunghaft gestiegen. Anfang Mai gab es bei der Staatsanwaltschaft erst 73 Anzeigen.

Der Schaden aus den 188 Fällen könnte sich auf bis zu 1,5 Millionen Euro summieren, sagte Anette Milk, Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Essen. Das Ende der Fahnenstange ist damit aber wohl noch nicht erreicht. "Nahezu täglich gehen weitere Anzeigen ein", berichtete Anette Milk. Die Staatsanwaltschaft ist allerdings nicht nur für die Stadt Essen zuständig sondern auch für Hattingen, Sprockhövel, Gelsenkirchen, Gladbeck, Dorsten, Marl, Haltern und Bottrop. Allein in Essen haben nach Angaben der Bezirksregierung 17.800 Kleinunternehmer bislang einen Antrag auf Soforthilfe gestellt.

Kleinunternehmer bekommen bis zu 25.000 Euro Corona-Soforthilfe

Das Land hatte im März für Selbstständige und Gewerbetreibende das Soforthilfeprogramm aufgelegt, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. Je nach Betriebsgröße bekommen Kleinunternehmer 9000, 15.000 oder 25.000 Euro Zuschuss. Die Hilfe erfolgte in der Regel schnell und unbürokratisch, also ohne große Prüfung. Das nutzten die Betrüger offenbar aus.

Die möglichen Täter geraten allerdings dann in Verdacht, wenn es zum Beispiel "unplausible Kontobewegungen" gegeben hat, sagte Anette Milk. Das könne dann der Fall sein, wenn jemand bislang Hartz IV bezogen hat und plötzlich 9000 Euro Soforthilfe überwiesen bekommt oder nie andere Geldeingänge hatte als regelmäßige Lohn- oder Gehaltszahlungen. Hinter solchen Vorgängen steht dann der Verdacht, dass es sich um keine echten, in Vollzeit betriebenen Gewerbe handelte, die die Täter angegeben haben.

Den Betrügern droht bei Verurteilung eine Geldstrafe oder auch eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen können sogar bis zu 10 Jahre möglich sein.

Banken sind angehalten, Verdächtiges zu melden

Die Hinweise kommen in aller Regel von den Banken. Das Landeskriminalamt hatte den Geldinstituten dazu im April ein Informationsblatt an die Hand gegeben, woran sie mögliche Betrugsfälle erkennen können. Unter anderem führt das LKA folgende Indizien darin auf: Wenn Soforthilfen auf Konten eingehen, die keine Geschäftskonten sind, erst kurz zuvor eröffnet wurden oder bislang nicht gewerblich genutzt wurden. Auch auf Konten von Kindern wurden offenbar Soforthilfen ausgezahlt. Das LKA rät den Banken, sich bei Verdachtsfällen an die örtliche Polizei zu wenden.

Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt dabei nicht in Fällen, in denen Betrüger über gefälschte Internetseiten Daten von Unternehmen und damit Soforthilfen abgegriffen haben. Diese würde zentral in Köln bearbeitet, sagte Milk.

Anders als bei den Corona-Soforthilfen gibt es momentan keine Verdachtsfälle auf Missbrauch beim Kurzarbeitergeld, das ebenfalls tausendfach ausgezahlt wurde. "Bisher ist uns in Essen kein Betrugsfall im Kontext von Kurzarbeitergeld bekannt", teilte eine Sprecherin der Arbeitsagentur in Essen mit. Ausschließen könne man solche Fälle zwar nie, aber ein möglicher Missbrauch sei für Beteiligte mit einem hohen Risiko verbunden, betonte sie. Da an diesem Prozess meist mehrere Personen beteiligt sind, würden sich dann alle Beteiligten - Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Lohnbuchhaltung, die davon Kenntnis hatten - strafbar machen. "Das Risiko, dass Unregelmäßigkeiten öffentlich werden, ist also sehr hoch", so die Sprecherin.