Essen. . Nach der illegalen Demo in Rüttenscheid verlief die genehmigte Kundgebung der Corona-Skeptiker im Essener Süden friedlich. Weitere sollen folgen.
Eine Woche nach der illegalen Demo in Essen-Rüttenscheid nahm die Kundgebung so genannter Corona-Skeptiker am Samstagnachmittag nahe dem Flughafen Essen-Mülheim einen friedlichen Verlauf. Etwa 200 Personen waren zum Messe-Parkplatz 10 an der Lilienthalstraße gekommen. Sie wetterten gegen die Corona-Maßnahmen und gegen eine angebliche Einschränkung von Grundrechten. Die Essener Polizei war mit einem starken Aufgebot vertreten, blieb aber stets im Hintergrund.
500 Personen hatte die Initiative „Nicht ohne uns – Essen“ erwartet und dafür 50 Ordner bereitgestellt, aber es kam nicht einmal die Hälfte. Obwohl sie elementare Regeln der Corona-Schutzverordnung durchweg ablehnen, hielten sie sich streng an das von der Essen Polizei auferlegte Abstandsgebot von 1,50 Meter.
Demonstranten distanzieren sich von Verschwörungstheoretikern und Extremisten
Sie selbst nennen sich „besorgte Bürger“, aber Kritiker - darunter auch das antifaschistische Aktionsbündnis „Essen stellt sich quer“ sehen in ihrer Agitation den Nährboden für rechtsextreme Ideologien und Verschwörungstheorien. Mike, erst seit drei Tagen bei der Initiative „Nicht ohne uns“ engagiert und nun ihr Sprecher, weist diese Darstellung jedoch scharf zurück. „Das ist abstrus.“ Die Ordner hätten den Auftrag, niemanden auf das Kundgebungsgelände zu lassen, der sich - etwa durch Abzeichen und Symbole - als Sympathisant einer extremistischen Gruppierung zu erkennen gibt. Er selbst stamme aus Essen, sei parteilos und im Management eines großen Gaming-Unternehmens tätig, sagte er.
Die 200 Demonstranten, viele von ihnen esoterisch angehaucht und erklärte Impfgegner, waren bemüht, ein buntes Bild abzugeben. Junge Familien mit Kindern waren gekommen, die mit Straßenkreide das Pflaster bemalten. Die Erwachsenen setzten politische Parolen daneben wie etwa „Freiheit und Freude statt Angst und Zensur“. Oder: „Liebe, Frieden und ein lebenswertes Leben für alle.“ Ein Teilnehmer hatte seine Parolen laminiert: „Die Corona-Maßnahmen sind unverhältnismäßig und verfassungswidrig.“
Zwar grenzte sich die Mehrheit der Kundgebungsteilnehmer von Verschwörungstheoretikern und Extremisten ab, gekommen waren dennoch einige - wie etwa der Gelbwesten-Mann mit dem Aufdruck „Q Anon“. Sehr verbreitet war der Alu-Bommel, der die Träger als so genannten „Querdenker“ ausgibt.
Ordnungsdezernent Christian Kromberg zieht positives Fazit
Es wurde viel argumentiert, aber meistens auch nur schwadroniert. Wie ein roter Faden zog sich durch die Reden die Behauptung, das Volk werde nicht gehört, es werde belogen und betrogen, die politische Elite und die "Mainstream-Medien" seien korrupt und die Corona-Schutzmaßnahmen „irrsinnig“. „Sklaven des Systems“ nannte ein Gladbecker Rapper namens CJEE seinen gesungenen Protest.
Nicht nur Aktivisten von „Essen stellt sich quer“ verfolgten die Kundgebung, auch Ordnungsdezernent Christian Kromberg machte sich ein Bild vom Geschehen. Sieben Tage nach der ungenehmigten Demo in der Stadtmitte zog er nach der Verlegung in den Süden ein positives Fazit. „Dieser Platz gibt die Möglichkeit, den Infektionsschutz einzuhalten und die Leute halten sich auch daran.“
Nach gut zwei Stunden mit vielen Reden, etwas Tanz, Musik und Meditation gingen die Corona-Skeptiker auseinander. Der Sprecher von „Nicht ohne uns“ bedankte sich bei Stadt und Polizei. Letztere registrierte keinerlei Vorkommnisse. Eine weitere Kundgebung - wohl wieder am Parkplatz P 10 vor den Toren der Stadt - soll nach dem Willen der Veranstalter demnächst stattfinden.