Essen. Das Parteienspektrum wird um eine Farbe reicher: Die pro-europäische Initiative “Volt“ hat für 20 der 42 Wahlbezirke Kandidaten aufgestellt.

Bei der Europawahl eroberte ihr Spitzenkandidat zur eigenen Überraschung einen Platz im Europaparlament. Nun will "Volt" auch bei der Kommunalwahl in Essen antreten.

"Volt" versteht sich als eine europaweite Initiative. Der 32-jährige Unternehmensberater Damian Boeselager hat sie im März 2018 mit zwei Studienfreunden gegründet. Im bunten Parteienspektrum gibt sich "Volt" einen lilafarbenen Anstrich, die Ausrichtung ist betont pro-europäisch.

Bei der Europawahl 2019 gaben immerhin 250.000 Wähler in Deutschland "Volt" ihre Stimme - und machten Gründer Damian Boeselager damit zum Europarlamentarier.

"Volt" zählt in Essen 14 Mitglieder und 30 Unterstützer

Von diesem Erfolg beflügelt, will "Volt" auch in der Lokalpolitik "einen Fuß in die Tür kriegen", wie es Justus Meyer (20), der Essener Sprecher der Initiative formuliert. Diese hat am Samstag im Burggymnasium ihre Kandidaten für die Kommunalwahl und für die Wahl zum Ruhrparlament im September aufgestellt: In 20 der 42 Essener Kommunalwahlbezirke will "Volt" am 13. September mit eigenen Bewerbern antreten. Für mehr reichte die noch dünne Personaldecke nicht. In Essen zählt die Partei nach eigenen Angaben 14 Mitglieder und 30 Unterstützer.

Auf Platz 1 der Reserveliste steht Christoph Deppe, 31-jähriger Bergbauplanungsingenieur aus Frohnhausen und "überzeugter Europäer", der "neue, mutige Gedankenanstöße in die Politik bringen will".

"Volt" unterstützt die Ziele der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future"

Wofür steht "Volt"? Neben Europa, sind Digitalisierung und Umweltfragen wichtige Themen. "Volt" unterstützt nach eigenem Bekunden ausnahmslos die Forderungen der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future". Politische Entscheidungen will "Volt" fundiert treffen, das heißt auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Wer das Grundsatzprogramm der jungen Partei liest, denkt spontan an Liberale, an die Piratenpartei, aber auch an die Grünen. Von allen Parteien stünde er persönlich wohl den Grünen am nächsten, sagt Justus Meyer. Doch weil ihm die "nicht pragmatisch genug" seien und zu oft von Verboten redeten, engagiere er sich bei "Volt", so der 20-Jährige.

Die Städte im Ruhrgebiet sollen enger zusammenarbeiten

Was will die Europa-Partei in der Kommunalpolitik erreichen? Ein Kommunalwahlprogramm sei noch in Arbeit. Bildung, die Digitalisierung in der Verwaltung, sowie das wirtschaftliche und soziale Nord-Süd-Gefälle in der Stadt sollen Schwerpunkte sein, denen "Volt" sich annehmen will. "Unsere Idee fürs Ruhrgebiet ist, dass die Städte enger zusammenarbeiten", sagt Meyer.

Ob das reicht, um die Wähler zu überzeugen? Zunächst wird es darum gehen, genügend Unterschriften von Unterstützern zu sammeln; 20 sind es für jeden Kandidaten, 100 für die Reserveliste. Bis zum 16. Juli müssen die Wahlvorschläge und die Unterschriften dem Wahlamt zur Prüfung vorliegen.

"Ich bin optimistisch, dass wir das schaffen", sagt Justus Meyer. Und nicht nur das: Auch den Sprung in den Stadtrat traut sich "Volt" durchaus zu. 2014 habe dies "Die Partei" schließlich auch geschafft. Die Polit-Satiriker holten bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren 1545 Stimmen. Das reichte für einen Sitz im Stadtparlament.

DIE KANDIDATEN

Auf Platz 1 der Reserveliste wählte "Volt" Christoph Deppe (32). Der Bergbauplanungsingenieur will im Kommunalwahlebzirk 42 (Kettwig) zudem als Direktkandidat antreten. Auf Listenplatz 2 folgt Christian Schneider. Der 54-jährige Übersetzer will sich im Kommunalwahlbezirk 6 (Süd-/Südostviertel), wo er auch wohnt, um ein Direktmandat für den Stadtrat bewerben. Auf Listenplatz 3 steht Dennis Reinkober. Der 22-jährige Student und IT-Unternehmer will im Kommunalwahlbezirk 8 (Rüttenscheid-Süd) antreten.