Essen. Nicht nur in Corona-Zeiten aktuell: Essener Museum Folkwang beschäftigt sich mit dem Thema Datensicherheit und der Gefahr von Hacker-Angriffen.
Statt des gefürchteten „Blackouts“ kam der Shutdown: Kurz bevor das öffentliche Leben aufgrund des Coronavirus komplett heruntergefahren wurde, hat das Museum Folkwang noch die Ausstellung „Black/White/ Grey“ von Mario Pfeifer zum Thema Hacking im Energiesektor eröffnet. Die aufwendig inszenierte Videoarbeit setzt sich mit der Gefahr von Stromausfällen als Form eines terroristisches Angriffs auseinander. Ab Donnerstag ist die Ausstellung im Untergeschoss des Museums nun wieder zu sehen (noch bis 24. Mai).
Der Künstler hat mit etlichen Experten aus der Energiebranche gesprochen
Die Vernissage fiel aus, zum Pressegespräch war der Künstler bereits aus dem Berliner Homeoffice zugeschaltet. Kommuniziert wurde, wie es seit Wochen nun Milliarden Menschen machen: per Videocall, wahlweise über Skype oder Zoom. Und während wir nun alle dauernd chatten und online kommunizieren, und plötzlich endlose Datenmengen aus dem Homeoffice über gewiss nicht immer gesicherte Netze in die Welt geschickt werden, bietet Pfeifers Videoinstallation jetzt die perfekte Gelegenheit, über ein Thema nachzudenken, das in Corona-Krisenzeiten weit weniger stattfindet als vermutlich notwendig: Cyberkriminalität und Datensicherheit.
Dass die Premiere von „Black/White/Grey“ - drei Begriffe aus der Hacker-Szene - im Essener Museum Folkwang gezeigt wird, liegt für Pfeifer nahe. In der Stadt mit großen Energieunternehmen - die Innogy-Stiftung fördert das Projekt im Rahmen eines Residence-Stipendiums - will der 1981 in Dresden geborene Künstler für ein Thema sensibilisieren, das ebenso komplex wie dringlich daherkommt.
Pfeifers aufwendig recherchierte Videoinstallation sorgt aber nicht nur für eine spannende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Cyberkriminalität. Der Ausflug in die Welt von IT-Forensikern und Cyber-Range-Ausbildern, die gedanklich verschiedene globale Szenerien für Hacker-Angriffe auf die Infrastrukturen von Stromnetzbetreibern, Atomkraftwerken oder große Unternehmen durchspielen, hat auch geradezu cineastische Qualitäten. So führt die TV-bekannte Schauspielerin Sandra Borgmann durch diesen virtuellen Spielraum, in dem sich auch Boris Becker noch mal den mittlerweile kultträchtigen Slogan aller Internet-Neulinge melden darf: „Bin ich schon drin?“
Videoinstallation beschäftigt sich mit einem Angriff auf einen Geflüchteten aus dem Irak
Dass Pfeifer es versteht, ästethische, journalistische und politische Aspekte zu einem Werk zu verknüpfen, in dem die gesammelten Fakten immer auch in Fragen an das Publikum münden, zeigt auch die zweite Arbeit „Again/Noch einmal“. In der Videoinstallation von 2018 beschäftigt sich Pfeifer mit dem Angriff auf einen irakischen Flüchtling, der nach einem Streit mit einer Supermarktkassiererin in Sachsen von vier Männern an einen Baum gefesselt wurde. Bevor der Geflohene vor Gericht später als Zeuge aussagen konnte, wurde er tot in einem Wald aufgefunden. Den aufrüttelnden Grenzgang zwischen Zivilcourage und Selbstjustiz begleitet der „Tatort“-bekannte Schauspieler Mark Waschke.