Essen. Das Essener Unternehmen „SafeHouse“ realisiert in Kettwig ein ungewöhnliches Bauprojekt: Wie aus einem Betonklotz ein Prestige-Wohnobjekt wird.
Als im März 2019 die Arbeiten am Hochschutzbunker an der Seilerei in Kettwig begannen, konnte sich noch keiner der Anwohner so richtig gut vorstellen, wie aus dem massiven, unattraktiven Betonklotz ein charmantes Wohngebäude werden sollte. Inzwischen ist der Rohbau fertig. Der Bauträger, das Essener Unternehmen „SafeHouse“, lässt derzeit die Fenster montieren. Wir haben uns das Projekt einmal näher angeschaut.
Augenfällig: die großen Fensteröffnungen zur Südseite, wenn man von der Straße An der Seilerei hangaufwärts schaut. Sie sind bodentief und erstrecken sich über die gesamte Zimmerbreite. „So nutzen wir das Tageslicht optimal aus. Es werden an den Wohnzimmern noch Balkone drangesetzt“, informiert Bauherrin Tuong Le-Nehring.
Betonstücke wurden mit einem Kettenseil herausgesägt
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Die Fensteröffnungen zu erstellen galt in den vergangenen Monaten das Hauptaugenmerk der von Le-Nehring geführten Firma, die Experten auf dem Gebiet der Betonbearbeitung beschäftigt. Der Kettwiger Hochbunker wurde um 1944 aus massiven Beton erbaut, an manchen Stellen weisen die Wände eine Dicke von bis zu drei Metern auf. Um nun die gewünschten Fenster- und Türöffnungen zu realisieren, wurde eine spezielle Technik angewandt.
„In einem Abstand von gut 1,5 Metern wurden zunächst Kernbohrungen durchgeführt. Anschließend wurde ein spezielles Kettenseil durch die Löcher geführt und die Mauer so stückweise durchgesägt“, beschreibt die Bauherrin, die in Rüttenscheid beheimatet ist, das Verfahren. Der Abtransport der immens großen Gesteinsbrocken erforderte eine mehrmalige Sperrung der Straße Am Bilstein.
Erinnerungen an die ursprüngliche Funktion als Schutzraum
Eine aufwendige Geschichte, laut und zeitraubend, was nicht nur den Akteuren auf der Baustelle einiges abverlangte, sondern ebenso etlichen Anwohnern in den umliegenden Straßen: Denn zeitgleich wird im oberen Bereich der Siedlung das ehemalige Grundstück des Nobel-Restaurants „Résidence“ bebaut. „Baustellenverkehr auf den engen Hangstraßen ist nicht ganz unkompliziert“, sagt Armin Rahmann. Der Vorsitzende des Vereins Kettwiger Museums- und Geschichtsfreunde begleitet das Bunkerwohnprojekt. „Es ist ein Stück Historie, an dem auch eigene Erinnerungen hängen.“
„Wir haben nicht weit von hier gewohnt“, erläutert der 82-Jährige. Wenn im Krieg Fliegeralarm war, habe die Familie immer im Hochbunker Schutz suchen müssen. „Einmal haben wir es nicht rechtzeitig geschafft, da haben mein Vater und ich uns flach in den Sand gedrückt.“ Rahmann zeigt auf die Stelle: Heute entstehen eben dort die Zufahrten für die fünf Wohnungen. „Ist schon ungewohnt, dass hier demnächst Leute wohnen werden“, sagt der Kettwiger lächelnd.
Exklusives Penthouse mit Rundblick und eigenem Aufzug
Frage an die Bauherrin: Was reizt gerade an diesem Projekt? „Die Herausforderung“, sagt Tuong Le-Nehring. „Mit den technischen Möglichkeiten unserer Firma wollten wir das mal ausprobieren.“ Wohnprojekte wie der mit einem Preis ausgezeichnete Bunkerumbau „Papillon“ in Düsseldorf-Heerdt hätten sie inspiriert, den 2015 von der Bundesverwaltung für Immobilien angebotenen Hochbunker in Kettwig zu einem exklusiven Objekt im Essener Süden zu machen.
Eine Wohnung pro Etage ist geplant, die Wohnungsgrößen liegen zwischen 160 und 210 Quadratmetern. Der Bunker bekam noch ein Staffelgeschoss für ein Penthouse. „Das hat eine rundum begehbare Terrasse“, informiert Ricardo Feldmann von der Immobilienfirma Engel & Völkers, die ab Mitte Mai die Eigentumswohnungen vermarktet. Ein weiterer Clou der Penthouse-Wohnung: Der Aufzug im Haus führt per gesonderter Schlüsselschaltung direkt in die Wohnung. „So etwas kennt man sonst nur aus Filmen“, sagt Feldmann schmunzelnd.
Weitere Bunkerumbauten im Essener Stadtgebiet geplant
Der Eingang ins Gebäude erfolgt über den Garagenstellplatz im Haus. Unter anderem gehören zu den Ausstattungsmerkmalen der fünf Wohnungen offene Wohnküchen, Schlafzimmer mit offenem Ankleidezimmer bzw. offenem Badezimmer. Wer möchte, bekommt einen Wellnessbereich mit eigener Sauna. In der dritten Etage präsentiert sich der Bunker dann im Loft-Stil mit 4,50 Meter hohen Decken. Das alles hat natürlich seinen Preis. Die Penthouse-Wohnung liege schon im oberen sechsstelligen Bereich, gibt Feldmann Auskunft.
Die Fassade des Hochschutzbunkers werde im Übrigen ziemlich außergewöhnlich, kündigt die Bauherrin an. Helle Glaswände sollen die Außenhaut bilden. „Das wird sicherlich ein Hingucker“, so Tuong Le-Nehring. Die Metamorphose vom Betonklotz zum Prestige-Wohnobjekt werde voraussichtlich im September vollendet sein, kündigt der Bauträger an. Weitere Bunkerumbauten im Essener Stadtgebiet sollen folgen.
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