Essen. Gehörlose können ihr Gegenüber mit Maske nur schwer verstehen. Eine Hörakustikerin näht deshalb Masken mit einem transparenten Fenster am Mund.

Seit Montag herrscht in NRW Maskenpflicht. Wer zum Arzt geht, den öffentlichen Nahverkehr nutzt, in Geschäften oder auf dem Wochenmarkt unterwegs ist, ist verpflichtet, Mund und Nase zu bedecken. Was vielen jedoch nicht präsent ist: Für Gehörlose und Hörgeschädigte bedeutet die Maskenpflicht eine erhebliche Erschwerung der Kommunikation.

Sandra Bagus hat es in ihrem Job täglich mit Menschen zu tun, die eine Hörschwäche haben. Die Hörakustik- und Augenoptikmeisterin ist Geschäftsführerin der Hörakustik- und Optikerkette Bagus mit vier Filialen in Essen und Duisburg. Um ihren Kunden die Kommunikation zu erleichtern, hat sich die Chefin nun kurzerhand selbst an die Nähmaschine gesetzt: Bagus fertigt für ihre Mitarbeiter spezielle Masken, die am Mund ein durchsichtiges Sichtfenster haben.

Den Mund des Gegenübers nicht zu sehen, erschwert die Kommunikation stark

„Gehörlose Menschen haben durch die Maskenpflicht überall Probleme, andere zu verstehen“, erklärt Bagus. Da ist zum einen das offensichtliche Problem, dass Lippenlesen durch die Maske nicht mehr möglich ist. Doch auch die Verständigung über Gebärdensprache sei mit Maske nicht dieselbe, so Bagus: „Wenn das Mundbild nicht erkennbar ist, fehlen Informationen – zum Beispiel, ob etwas positiv oder negativ gemeint ist.“

Jeden Abend nach der Arbeit näht die Hörakustikerin nun die Masken aus Baumwolle und einer Folie am Mund. Den Prototyp hat sie selbst entworfen. Zwölf Stück hat sie mittlerweile fertig, zwei Kolleginnen sind mit eingestiegen. „Das ist ein ganz schönes Gefrickel“, erzählt Bagus, die eigentlich keine große Affinität zur Näherei hat, lachend. Denn die Masken müssen ja bei 60 Grad waschbar sein, das heißt, man muss die Folie herausnehmen können. „Das habe ich jetzt mit einem Klettverschluss gelöst.“

Auch für kleine Kinder fühlt es sich komisch an, den Mund nicht zu sehen

Nicht nur Gehörlosen erleichtern die Masken mit Fenster die Kommunikation. „Kleine Kinder sind zum Beispiel stark auf die Mimik fixiert. Wenn sie kein Lächeln sehen können, ist das komisch für sie“, weiß Bagus, die auch ausgebildete Pädakustikerin, also auf die Versorgung von hörgeschädigten Kindern spezialisiert ist. Die Masken seien dementsprechend auch für kleine Kunden ohne Hörschwäche eine große Erleichterung.

Die Masken mit Sichtfenster sind übrigens nicht Bagus' erstes Nähprojekt. Schon vor einiger Zeit hat sie damit begonnen, einfache Mund-Nasen-Schutzmasken zu nähen und sie den Kunden zu schenken: "Um unsere Mitarbeiter und Kunden schon vor Beginn der Maskenpflicht zu schützen."

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