Essen. Nicole Steinmetz hat am Mädchen-Gymnasium ihr Abitur gemacht. Heute ist sie Professorin in Kalifornien und forscht an einem Mittel gegen Covid 19

In der ganzen Welt forschen Wissenschaftler fieberhaft nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Nicole Steinmetz ist eine von ihnen. Die 40-jährige Essenerin, die am Mädchen-Gymnasium Borbeck ihr Abitur gebaut hat, lebt und arbeitet an der renommierten Universität von San Diego in Kalifornien, wo sie als Professorin für Nano-Ingenieurswesen ein Forschungslabor leitet.

Gemeinsam mit ihrem Mann Jonathan, einem Chemiker und ebenfalls Professor für Nano-Ingenieurswesen, ist die Wissenschaftlerin einem Wirkstoff gegen die tückische Lungenkrankheit Covid 19 auf der Spur.

Seit 2018 ist Nicole Steinmetz Professorin, seit 2018 forscht sie in San Diego

Nicole Steinmetz lebt ihren Traum. "Ich wollte immer Wissenschaftlerin werden", erzählt sie im Gespräch mit der Redaktion. Nach dem Abitur studiert Nicole Steinmetz Biologie an der Ruhr-Universität in Bochum. Ihren Doktor macht sie in England. Danach geht es in die USA. Seit 2010 ist sie Professorin, seit zwei Jahren Jahren lehrt und forscht sie am Lehrstuhl für Nano-Ingenieurswesen der UC San Diego. Eine Bilderbuchkarriere.

Auch privat ist Nicole Steinmetz glücklich. Ende Mai wird der kleine Henri, ihr Sohn, zwei Jahre alt. Die Familie lebt nur einen Häuserblock vom Strand entfernt. "Es ist phantastisch", berichtet die Essenerin, in deren Zungenschlag sich ein leichter amerikanischer Akzent eingeschlichen hat.

Als Basis ihrer Arbeit dient der Wissenschaftlerin ein Pflanzenvirus

Doch auch in Kalifornien beherrscht das Coronavirus längst den Alltag. "Man darf das Haus zum Einkaufen verlassen, muss aber eine Maske tragen." Auch ein Spaziergang, Joggen oder Fahrradfahren seien erlaubt. "Wir sind allerdings seit 45 Tagen nicht in den Supermarkt gegangen." In Kalifornien gebe es viele Lieferservice, Farmer bringen frisches Obst und Gemüse nach Hause. "Und vom Supermarkt kann man auch bestellen."

Seit Montag seien auch Parks und Strände wieder geöffnet. "Man darf laufen, schwimmen und surfen - hinsetzen darf man sich aber nicht", berichtet Steinmetz. Nächste Woche wolle sie surfen gehen.

Auch von Berufswegen hat Nicole Steinmetz derzeit täglich mit dem Coronavirus zu tun. Die Universität sei zwar geschlossen - bis auf wichtige Labore. "Ich arbeite von zu Hause und mein Labor ist weiterhin auf - natürlich um am Impfstoff zu forschen. Allerdings sind nur fünf meiner 20 Angestellten im Labor, und es darf nur ein Wissenschafter pro Labor arbeiten. Es muss also alles haarklein durchgeplant sein, wer sich wo aufhält und wann", beschreibt Nicole Steinmetz ihre Arbeit unter Corona-Bedingungen.

Als Basis für ihre Forschung dient ihr ein Pflanzenvirus, das sie Schlangenbohnen entnimmt. "Für Menschen ist das Virus ungefährlich." Befallene Pflanzen zeigten Symptome als Mosaik auf den Blättern. Chemisch wird das Virus so verändert, dass es dem Coronavirus gleicht.

"Es geht darum, das Immunsystem zu trainieren, damit es das Coronavirus erkennt", erläutert die Wissenschaftlerin. Das Immunsystem solle dadurch gestärkt werden, um den Menschen im Falle einer Infektion besser schützen zu können. Möglich machen es sogenannte Nano-Partikel, mikroskopisch kleine Teilchen, die 2500 Mal kleiner sind, als das der Durchmesser eines durchschnittlichen menschlichen Haares.

Laborversuche liefern bereits vielversprechende Ergebnisse

"In der Krebstherapie haben wir schon gute Erfolge erzielt", berichtet Nicole Steinmetz. Nun soll die Technologie auch im Kampf gegen Covid 19 zur Anwendung kommen. Erfolgversprechende Ergebnisse lieferten bislang Laborversuche. Diese Woche beginnen Versuche an Mäusen.

Das Ziel sei es, nicht nur einen Impfstoff zu entwickeln, sondern ein Patch. Ein Pflaster, vergleichbar mit einem Nikotin-Pflaster, das man sich auf den Arm klebt. Der Impfstoff müsste dann nicht injiziert werden, der Weg zum Arzt bliebe einem erspart.

Professor Jonathan Pokorski, der Mann von Nicole Steinmetz, arbeitet an der Entwicklung eines solches Pflasters. Nicht nur den Transport würde es erleichtern. Auch im hintersten Winkel der Welt, wo es keine medizinische Versorgung gibt, könnten Menschen mit dem Impfstoff gegen das Coronavirus geschützt werden.

Ein bis zwei Jahre wird die Entwicklung eines Impfstoffs noch dauern

Bis es soweit ist, wird es noch ein bis zwei Jahre dauern, schätzt Nicole Steinmetz. "Solange wird es sicherlich dauern. Im Idealfall wäre der Impfstoff natürlich für die nächste Wintersaison fertig", bedauern die beiden Wissenschaftler, deren Forschung von der National Science Foundation gefördert werden.

Sollte ihre Arbeit gegen Covid 19 zum Erfolg führen, würde es beide wohl mit einem Schlag berühmt machen - und wahrscheinlich auch reich. "Doch daran", sagt Nicole Steinmetz, "denkt man als Wissenschaftler nicht".

ERSTE STUDIE IN DEUTSCHLAND

Für die Zulassung von Impfstoffen ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut(PEI) zuständig. Im April hat das Institut die erste klinische Prüfung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus in Deutschland genehmigt. Weltweit gibt es derzeit verschiedene Studien zur Entwicklung eines Impfstoffes. Experten rechnen der Zulassung nicht vor 2021.