Essen. Da Kitas und Schulen geschlossen sind, fällt in vielen Familien das Mittagessen aus. Das Jugendamt Essen bringt 250 Kindern täglich eine Mahlzeit
Viele Essener Kinder vermissen die Schule oder ihre Kita – und manchen fehlt auch das Essen, das sie dort jeden Mittag bekommen haben. Ein Mangel, der nicht von jeder Familie mühelos ausgeglichen werden kann. Und so sorgt das Jugendamt nun dafür, dass das Essen zu den Kindern kommt.
„Wir sind sehr froh und dankbar, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern und Sponsoren täglich gut 250 Mahlzeiten ausliefern können“, sagt Jugenddezernent Muchtar Al Ghusain. Das Essen wird von Mitarbeitern der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und von Ehrenamtlichen beim Caterer „Kiddy Food“ im Nordviertel abgeholt und dann in 20 Stadtteile von Altenessen bis Werden ausgefahren. Schlossquelle spendiert das Mineralwasser dazu. Von Montag bis Freitag gibt es eine warme Mahlzeit, fürs Wochenende werden Sandwich-Pakete gepackt. Seit 8. April läuft die Aktion schon und noch bis 17. Mai.
„Die Familien spüren, dass wir für sie da sind, auch in der Krise“
Er sei sich bewusst, dass es noch mehr Familien gebe, die die Lebensmittel-Hilfe gebrauchen könnten, sagt Al Ghusain. „Die Sozialen Dienste des Jugendamtes haben versucht zu ermitteln, wer es gerade am Dringendsten benötigt.“ Das sei zum Beispiel die alleinerziehende Mutter, die sich um vier Kinder kümmern müsse und ohne die Betreuung in Kita und Schule an ihr Limit gerate, sagt Thomas Rüth von der Awo, die bei der Auswahl der Familien half. „Ihr hilft es enorm, wenn sie mittags nicht kochen muss.“
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Das Awo-Team fährt 90 der 250 Essen aus und erlebt eine große Dankbarkeit: Obwohl auf Abstand geachtet werde, kämen manche Eltern den Mitarbeitern schon im Hausflur entgegen, Kinder malten als Dankeschön Bilder. Dabei gehe es nicht allein darum, dass ihr Hunger gestillt werde, betont Rüth. „Die Familien spüren, dass wir für sie da sind, auch in der Krise.“ Viele hockten in kleinen Wohnungen aufeinander, hätten weder Balkon noch Garten, darum bringe das Team auch mal Mal- und Bastelsachen mit.
Team von Ehrenamtlichen war binnen zwei Stunden startbereit
Manche der Familien lebten schon ohne Corona in ihrer ganz persönlichen Krise, kämpften mit Überforderung oder wirtschaftlicher Not. Da könne ein Angebot wie der Lieferdienst auf Zeit auch ein Türöffner sein fürs Jugendamt.
Die Mahlzeiten werden in 20 Essener Stadtteile ausgeliefert
Die Idee, während der Schließung der Schulen Mittagessen an Essener Kinder auszuliefern, hatte Birke Benzke, von der „I do“ Spenden-Community App. Umgesetzt wurde der Plan vom Jugendamt der Stadt Essen gemeinsam mit Projektpartnern und Sponsoren.
Seit 9. April liefern Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt Essen (Awo) sowie ein von der Ehrenamt-Agentur zusammengestelltes Team von Freiwilligen täglich rund 250 Mahlzeiten des Caterers „Kiddy Food“ aus, dazu stiftet Schlossquelle Mineralwasser. Sponsor des Projekts ist die Bank im Bistum. Die Aktion läuft noch bis zum 17. Mai.
Awo und Ehrenamtliche beliefern Familien in folgenden Stadtteilen: Nordviertel, Innenstadt, Südostviertel, Südviertel, Frohnhausen, Altenessen, Karnap, Bochold, Borbeck, Freisenbruch, Holsterhausen, Altendorf, Horst, Steele, Kray, Kettwig, Werden, Rüttenscheid, Dellwig und Bedingrade.
Getragen wird die Aktion nicht allein von den Sozial-Profis der Awo, sondern auch von 28 Freiwilligen, die die Ehrenamt-Agentur gewonnen hat. „Bei uns hatten sich schon 670 Helfer für unsere Corona-Hilfe gemeldet, die konnten wir ansprechen und so in zwei Stunden ein Liefer-Team zusammenstellen“, sagt die Geschäftsführerin der Ehrenamt-Agentur, Janina Krüger. Die Helfer bringen täglich mehr als 150 Essen zu Kindern in ganz Essen.
18 der Mahlzeiten liefert Pia Blümig aus Freisenbruch an die Haustür. Die selbstständige Fotografin arbeitet sonst vorwiegend für Seniorenheime, die aktuell als Auftraggeber weitgehend ausfallen. Stattdessen engagiert sich Pia Blümig nun sozial, kauft auch für ältere Nachbarn ein. Die Mahlzeiten-Tour macht sie gemeinsam mit Sohn Leonard (9), dessen Stundenplan aktuell so aussehe: „Morgens macht er erstmal eine Schulstunde Mathe, dann frühstücken wir, danach liefern wir das Essen aus, dann macht er noch eine Stunde Deutsch.“ Die Liefer-Tour sei eine willkommene Abwechslung, sagt Leonard, der die dritte Klasse besucht – und die Schule und seine Freunde vermisst.
Auch er warte darauf, „dass wir die Systeme wieder hochfahren können, mit der nötigen Verantwortung und Gewissenhaftigkeit“, versichert Dezernent Al Ghusain. Die Notbetreuung in Kitas und Schulen sei bereits ausgebaut werden, in absehbarer Zeit solle das Mittagsessen für die Kinder auch wieder dort angeboten werden. Eine Botschaft, die Janina Krüger von der Ehrenamt-Agentur gern hört: „Ehrenamt kann staatliche Leistungen nicht auf Dauer ersetzen. Und die Kinder haben ein Recht auf das Essen.“