Essen. Bald dürfen Kirchen wieder Präsenz-Gottesdienste feiern - unter hohen Auflagen. Essens Superintendentin würde vorläufig einen Verzicht begrüßen.
Angesichts hoher Auflagen empfiehlt Superintendentin Marion Greve den evangelischen Kirchengemeinden in Essen, die Wiederaufnehme von Präsenzgottesdiensten sehr sorgfältig zu prüfen und im Zweifelsfall lieber zu verzichten. „Ich halte eine solche Entscheidung für verantwortungsvoll und würde sie in jedem Fall begrüßen“, erklärte Marion Greve.
Superintendentin Greve hält rasche Rückkehr zur Normalität für ausgeschlossen
Bei aller Freude darüber, dass sich Gemeinden vom 1. Mai an wieder zu religiösen Feiern in ihren Kirchen versammeln können gelte es zurückhaltend und vorsichtig von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. So hält es die leitende Theologin des Kirchenkreises für ausgeschlossen, dass am Sonntag, 3. Mai, schon wieder Gottesdienste in evangelischen Kirchen stattfinden können: Bis es wieder ein flächendeckendes Angebot an Präsenzgottesdiensten in Kirchen geben könne, werde es voraussichtlich mehrere Wochen oder sogar Monate dauern, sagte die Superintendentin.
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Verantwortlich für die Entscheidung, die Prüfung und auch haftbar für die Einhaltung der beschlossenen Auflagen sind im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland die Presbyterien der einzelnen Kirchengemeinden. Bislang hat noch keine Gemeinde die Entscheidung getroffen, ihre Gottesdienste ab dem 1. Mai wieder aufzunehmen. Es seien demgegenüber aber bereits Gemeinden bekannt, in denen das Presbyterium alle Gottesdienste im Mai absagen wolle, weil es die Auflagen für nicht erfüllbar betrachte. „Grundsätzlich brauchen alle Gemeinden Zeit, um sich mit den Auflagen intensiv auseinanderzusetzen. Alles andere halte ich für bedenklich.“
Eckpunkte listen für Gottesdienste sehr strenge Hygiene-Richtlinien auf
In den „Eckpunkten einer verantwortlichen Gestaltung von Gottesdiensten“, die die Evangelische Kirche im Rheinland am 22. April der Staatskanzlei NRW übergeben hatte, heißt es unter anderem, dass Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen nur unter Berücksichtigung strenger Hygieneauflagen möglich sind. Darunter zählen das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, ferner sollten - wo es möglich ist - Waschbecken zugänglich sein. Türgriffe und Handläufe gelte es zu desinfizieren.
Insbesondere sei darauf zu achten, dass- der Sitz- bzw. Stehabstand zwischen den Personen eineinhalb bis zwei Meter in jede Richtung beträgt und dass eine Höchstzahl von Teilnehmern je nach Kirchengröße festgelegt wird. Die einzunehmenden Plätze sollten markiert werden, wobei Hausstandsgemeinschaften nicht getrennt werden sollen. Emporen müssten gesperrt bleiben, das Betreten und Verlassen der Kirche sei geordnet zu organisieren. Ferner gelte es, liturgische Berührungen (Begrüßung/Friedensgruß) zu vermeiden.
Dringend empfohlen wird das Tragen von Mund-Nasen-Schutz
Dringend empfohlen werde, Mund-Nasen-Schutz während des Gottesdienstes zu tragen und Kollekten nur am Ausgang auszulegen. „Um eventuelles Gedränge vor der Kirche zu vermeiden, sollten im Bedarfsfall in den Kirchen Zugangsbeschränkungen definiert werden. Beim Einlass und Ausgang ist das Abstandhalten durch organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten.“ Bei großer Nachfrage seien mehrere Gottesdienste sinnvoll; Kindergottesdienste sollen an die Öffnungen von Kitas/Grundschulen/Spielplätzen gebunden sein und nur im kleinen Kreis gefeiert werden.
Das sind gravierende Voraussetzungen, die einen Gottesdienst nicht eben leicht machen. Superintendentin Marion Greve verwies in diesem Zusammenhang auf den Kirchenkreis Duisburg, der bereits die Entscheidung getroffen habe, im Mai überhaupt keine Präsenzgottesdienste zu feiern. Dafür habe sich der dortige Pfarrkonvent einstimmig ausgesprochen. „Ob dies bei uns in Essen ähnlich umgesetzt wird, werde ich mit den Gemeinden in den nächsten Tagen beraten“, sagte Marion Greve.
„Bei aller Freude über die Lockerung von Beschränkungen für Religionsgemeinschaften muss die Gesundheit der Gottesdienstbesucher höchste Priorität haben und nicht das Bestreben, so schnell wie möglich wieder Gottesdienst feiern zu können“, sagte Greve. „Dies ist die einhellige Meinung unserer Landeskirche, aber auch der Superintendentinnen und Superintendenten, mit denen ich mich über dieses Thema ausgetauscht habe.“
Mitglied von Risikogruppen - gerade auch Ältere - sollen Gottesdiensten konsequent fernbleiben
Neben zahlreichen Abstands- und Hygienevorschriften wiegt in den Augen der Essener Superintendentin besonders schwer, dass Mitgliedern von Risikogruppen – also auch vielen älteren, regelmäßigen Gottesdienstbesuchern – weiterhin von jedem Gottesdienstbesuch konsequent abgeraten werde. „Wenn eine Gruppe von der Teilnahme grundsätzlich ausgeschlossen ist, macht das jeden Gottesdienst sehr exklusiv und wir sollten darüber sprechen, ob eine Durchführung unter diesen Voraussetzungen sinnvoll und theologisch gerechtfertigt ist.“
Im Kirchenkreis Essen gebe es mittlerweile 15 regelmäßige wöchentliche Online-Gottesdienste und Online-Andachten, außerdem Balkon-Gottesdienste im Innenhof von Senioreneinrichtungen, teilweise mit Übertragungen in die Zimmer, drei wöchentliche Telefongottesdienste für alle Interessierten und zahlreiche Gottesdienste zum Mitnehmen, die vor den Kirchenportalen an „geistlichen Wäscheleinen“ oder in Boxen angeboten würden. Dies sei keinesfalls ein Ersatz für Präsenzgottesdienste, aber doch eine „eine sehr schöne alternative Form der Verkündigung“, so Marion Greve.