Essen. Sie war das erste Schiff auf dem Baldeneysee. Nun hat die ehemalige “Baldeney“ ihren festen Ankerplatz in Mülheim gefunden.

Als die "Moornixe" den Rhein-Herne-Kanal hinter sich lässt und Heinz Hülsmann sein Schiff flussaufwärts steuert, liegt Stille über der Ruhr. Sanft fließt der Fluss dahin. Am Ufer grasen Schafe. Spaziergänger schauen neugierig herüber. "Jetzt geht es nach Hause", sagt Bootsmann Reiner Berner. Monoton hämmert der Dieselmotor vor sich hin und bringt uns unserem Ziel immer näher.

Für das historische Fahrgastschiff ist es das glückliche Ende einer langen Reise. Am 1. Mai 1933 als erstes Schiff der damaligen "Verkehrsgesellschaft Baldeney" in Dienst gestellt, fuhr es viele Jahrzehnte auf dem Baldeneysee. Bis die Weiße Flotte sich 1979 von dem Oldtimer trennte. Danach schipperte die "Baldeney" als "Nixe" auf der Mosel und als "Moornixe" schließlich über den Jade-Ems-Kanal und den Nordgeorgsfehn-Kanal in Ostfriesland.

Vergilbte Fotografien erinnern an fröhliche Ausflüge in Ostfriesland

An Bord erinnert eine Info-Tafel mit vergilbten Fotografien an feuchtfröhliche Ausflüge: "Richtung Hinrichsfehn" oder drei Stunden auf "Große Fahrt", heißt es da. "An jeder Schleuse gab es einen Schnaps", hat Reiner Berner vom damaligen Eigner erfahren. So manche Flasche dürfte über den Tisch gegangen sein. Musik von den "Amigos" kam vom Band. Im Steuerhaus liegen noch die alten Kassetten.

Als sich der Besitzer der "Moornixe" aus Altersgründen aus dem Geschäft zurückzog und sein Schiff zum Kauf anbot, bekam die Weiße Flotte Baldeney davon Wind. Diese Redaktion berichtete. So wurde der Essener Heinz Hülsmann darauf aufmerksam.

In einem Anflug von Lokalpatriotismus schlug der Inhaber der Segel- und Yachtschule Moby Dick zu und ersteigerte die "Moornixe". 14.800 Euro blätterte Hülsmann für den alten Kahn hin. Wer verliebt ist, achtet nicht aufs Geld.

Die alte "Baldeney" ist ein Stück Stadtgeschichte

Bald darauf hieß es: Leinen los! Fast 350 Kilometer weit schipperten Hülsmann und Berner die "Moornixe" bis ins Ruhrgebiet. Eine ganze Woche lang waren sie unterwegs. Total entspannend sei diese Art zu reisen gewesen, erzählen beide. Es ist die Entdeckung der Langsamkeit. Sechs, vielleicht sieben Kilometer macht die "Moornixe" pro Stunde. Wie zum Beweis überholt uns auf dem Rhein-Herne-Kanal an Backbord ein einsamer Kajakfahrer.

"Die alte Baldeney ist ein Teil unserer Stadtgeschichte, sie war 1933 unser erstes Boot auf dem Baldeneysee und hier gehört sie auch wieder hin." So hatte es Hülsmann dem Reporter damals in den Block diktiert. Fast zwei Jahre ist das her. Zu seinem Wort steht Hülsmann heute noch. Auch wenn die Euphorie, mit der er sein Projekt angegangen ist, gelitten hat.

Die Weiße Flotte Baldeney, die er sich als Kooperationspartner gewünscht hätte, winkte ab: Die erforderliche Zulassung als Fahrgastschiff sei ohne weiteres nicht zu bekommen, der erforderliche Umbau sei aufwendig und kostspielig.

Die "Moornixe" überwinterte im Yachthafen in Castrop-Rauxel

Hülsmann kam mit seinem Schiff vorübergehend im Stadthafen unter, wich in die Marina nach Oberhausen aus und überwinterte zuletzt im Yachthafen in Castrop-Rauxel. Wie es weitergehen sollte? Er wusste es selber nicht, erzählt der Schiffsführer, als er die "Moornixe" behutsam aus ihrer Box steuert, als gelte es einen Eisberg zu umschiffen.

Hülsmann bot sein Schiff bei Ebay an, dachte darüber nach, es nach Holland zu überführen. Auch darüber berichtete die Zeitung. Bald darauf bekam er einen Anruf.

Ein flüchtiger Bekannter, aktiv im Rudersport am Baldeneysee, wo Hülsmann in den Ferien Segelkurse für Kinder anbietet, hatte den Bericht gelesen und vermittelte einen Kontakt zur Bezirksregierung. Mittlerweile hat Hülsmann eine Zulassung für seine "Moornixe" in der Tasche, nicht für ein Fahrgastschiff, sondern für ein Sportboot. Bis zu zwölf Passagiere dürfen an Bord.

Bald soll die alte "Baldeney" den Baldeneysee ansteuern

Wichtiger noch: Man hat dem Eigner einen Liegeplatz zugewiesen. Nicht am Baldeneysee, aber an der Ruhr. Immerhin. Die "Moornixe" darf unweit der Mendener Brücke festmachen, nahe am Ufer, aber weit genug davon entfernt, damit niemand ohne weiteres an Bord gehen kann.

Vorerst endet die Reise am Hafen in der Mülheimer Innenstadt. Nach achteinhalb Stunden Fahrt macht Hülsmann sein Schiff dort fest. Im Mai, wenn die Schleuse am Wasserbahnhof wieder öffnet, will er weiter. Bald schon soll die "Moornixe" auch ihr Heimatgewässer, den Baldeneysee, ansteuern.

Wer Interesse hat, darf dann gegen eine Spende mitfahren. Das Geld soll in die Instandhaltung des historischen Fahrgastschiffes fließen. Hülsmann hat dafür einen Verein gegründet. Nun sucht er noch zwei Mitstreiter, die mit anpacken und das Schiff steuern dürfen; ein Sportbootführerschein genügt.

"Geduld" stand in großen Buchstaben auf einem Schild vor der Schleuse in Oberhausen zu lesen. So nimmt die Geschichte von der Rückkehr der ehemaligen "Baldeney" doch noch eine glückliche Wendung. Ahoi, Heinz Hülsmann, und weiterhin viel Glück.

DIE EHEMALIGE BALDENEY

Die ehemalige "Baldeney" wurde von der Jean Stauf Schiffswerft in Königswinter im Auftrag der "Verkehrsgesellschaft Baldeney" gebaut. Sie war das erste von sechs Schiffen, die auf dem Baldeneysee in Dienst gestellt wurden. Das knapp 18 Meter lange Schiff wird von einem 65 PS starken Deutz-Motor angetrieben.

Der Motor läuft noch immer wie geschmiert. Dem Deck und den Aufbauten hat der Eigentümer, Heinz Hülsmann, einen neuen Anstrich verpasst. An Bord wartet aber noch reichlich Arbeit.