Essen-Karnap. Um ihre Forderungen nach Tempo 30 durchzusetzen, starten die Bewohner eine große Plakataktion. Es kam bereits vermehrt zu Unfällen mit Verletzten.
Seit einem Jahr kämpfen die Anwohner der Arenbergstraße in Karnap für eine Geschwindigkeitsbegrenzung: Dafür haben sie nicht nur eine Initiative gegründet, Unterschriften gesammelt, sondern jetzt auch großformatige Banner drucken lassen, von denen bereits zwölf Stück an den Fassaden hängen. Damit wollen sie Passanten und Autofahrer auf ihr Anliegen aufmerksam machen.
„Tempo 30 gegen Lärm und Erschütterung“ steht auf den großformatigen rotem Plakat, das sich Werner Stahl an die Fassade seines Hauses angebracht hat. Der 66-Jährige lebt seit vielen Jahren in Karnap auf der Arenbergstraße, seine Frau Annelie wurde in dem Haus geboren. „So schlimm wie in den vergangenen Jahren war der Verkehr hier noch nie“, sagt Werner Stahl, der mit Kindern und Enkeln unter einem Dach lebt, „wir kommen alle nachts nicht mehr in den Schlaf oder werden aufgeweckt“. Das liege am Autolärm, aber auch an den Erschütterungen. „Wenn hier Lkw oder unbeladene Sattellaster entlangfahren, dann vibriert der Boden, scheppern die Gläser im Schrank.“
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Viele leben seit ihrer Kindheit in der Arenbergstraße
Eine Erfahrung, die alle Bewohner der Stinnes-Siedlung teilen. Und die sie nicht länger hinnehmen wollen. Deswegen haben sie bereits im vergangenen Jahr eine Initiative gegründet und Unterschriften gesammelt, die sie beim Bürgerdialog an den Oberbürgermeister persönlich übergeben haben.
Die meisten, die entlang der ein Kilometer langen Straße in den Doppelhäusern leben, sind Hauseigentümer. Viele sind hier groß geworden, fühlen sich deswegen der Straße und dem Viertel besonders verbunden. So wie die Familie von Sarah Teuscher: Die 37-jährige Mutter zweier Kinder ist 2016 hierhin gezogen. „Mein Mann ist hier aufgewachsen und als wir die Möglichkeit hatten, ein Haus in der Arenbergstraße zu kaufen, haben wir sofort zugegriffen.“ Die Schwiegereltern wohnen nur zwei Häuser weiter.
Die letzte Zählung 2014 ergab 17.000 Fahrzeuge pro Tag
„Wir leben wirklich gerne hier, haben Platz und einen schönen Garten“, so Sarah Teuscher weiter, „aber mittlerweile ist der Verkehr eine große Belastung für uns“. Die letzte offizielle Zählung im Jahr 2014 ergab knapp 17.000 Fahrzeuge pro Tag, „sechs Jahre später ist die Belastung sicherlich noch um ein Vielfaches gestiegen“, glaubt die Karnaperin.
Denn die Straße wird als Durchgangsstraße Richtung B224 genutzt wird, „dazu kommt die Erschließung von Freiheit Emscher und der Ausbau der A 52“. Zusätzlich sei die Straße Teil eines Radwegenetzes und auch ein ausgewiesener Wanderweg.
Zum Ortstermin wurde die Initiative nicht eingeladen
Die Belastung geht allen inzwischen an die Nerven. Doch trotz ihrer Eingabe an die Verwaltung und den Oberbürgermeister sei bislang noch nichts passiert. „Nach dem Bürgerdialog im vergangenen März haben wir uns auch an die zuständige Bezirksvertretung V gewandt. Danach gab es am 17. September mit den Verantwortlichen aus den Dezernaten sogar einen Ortstermin“, erzählt Sarah Teuscher.
Nur leider waren die Anwohner nicht dabei, „wir sind nicht informiert und einfach übergangen worden“. Deswegen habe man sich die Plakataktion einfallen lassen. „Wir wollen die Menschen sensibilisieren und eine breite Öffentlichkeit schaffen.“
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Straße besitzt nicht eine einzige Querungshilfe
Ihre Forderung nach Tempo 30 sei nicht zu weit hergeholt oder würde den Verkehrsfluss maßgeblich beeinflussen, davon sind die Bewohner überzeugt. „Wir haben einfach mal gemessen, wie viel Zeitunterschied zwischen Tempo 50 und Tempo 30 liegt: Das sind genau 41 Sekunden. Die wird doch wohl jeder Zeit haben.“
Eine der größten Zechen im Ruhrgebiet
Ein Teil der Doppelhäuser gehört zur Stinnes Siedlung. Die wurde nach der in Karnap einst ansässigen Zeche mit Kokerei und Ziegelei benannt, die den Namen Mathias Stinnes I/II/V trug.
Sie zählte seinerzeit zu den größten Zechen im Ruhrgebiet. Im Jahre 1954 wurde hier die stärkste Fördermaschine der Welt eingesetzt.
Heute erinnert nur noch die an der Arenbergstraße aufgestellte Seilscheibe an die 100 jährige Bergbaugeschichte.
Werner Stahl wünscht sich noch mehr als eine Geschwindigkeitsreduzierung: „Wir haben auf der gesamten Arenbergstraße nicht einmal eine einzige Querungshilfe“, spricht er ein weiteres Problem an, das neben dem Verkehrsaufkommen verantwortlich sei für mehrere Unfälle, bei denen neben Sachschäden vor allem aber Personen zum Teil erhebliche Verletzungen davongetragen hätten. So kämpfe man neben der Verkehrsberuhigung auch für sichere Möglichkeiten, die Straße zu überqueren.
Denn eines ist gewiss: So schnell geben die Anwohner an der Arenbergstraße nicht auf. Die Plakate etwa werden hängenbleiben. Und es werden weitere Aktionen folgen. „Wir machen weiter, bis wir am Ziel sind“, lautet die Devise.