Essen. Boom durch Corona: Der Essener Dienstleister Deutsche Arzt AG bietet seinen Dienst „sprechstunde.online“ für die Dauer der Krise kostenlos an.

Je heftiger das Coronavirus grassiert, desto mehr nehmen die Ängste der Essener zu. Wer Symptome an sich festzustellen glaubt, sollte bloß nicht sofort ins Wartezimmer seines Hausarztes rennen. Anstatt schlimmstenfalls andere dort anzustecken, empfehlen Experten den Griff zum Telefon: das Bürgertelefon kontaktieren oder das Gesundheitsamt. Die Deutsche Arzt AG, ein innovativer Gesundheitsdienstleister aus Essen-Kettwig, wirbt angesichts dieses beklemmenden Krisen-Szenarios für einen Dienst, der hierzulande immer noch in den Kinderschuhen steckt: die Videosprechstunde.

„Wir möchten einen aktiven Beitrag dazu leisten, die Ausbreitung des Coronavirus mit allen Mitteln zu verhindern. Darum stellen wir den Ärzten unseren Videodienst für die gesamte Dauer der Krise kostenlos zur Verfügung“, sagt Vorstandschef Jochen Roeser – und fügt eine plausible Begründung hinzu: „Insbesondere der Hausarzt kann seinem Versorgungsauftrag nachkommen, ohne andere Patienten, sein Team und sich selbst einem Infektionsrisiko auszusetzen.“

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Essener Kardiologe sieht in Online-Sprechstunden viele Vorteile für Ärzte und Patienten

Ortstermin in Bredeney: Prof. Dietrich Baumgart, Facharzt für Kardiologie, hat die Online-Sprechstunde schon vor zwei Jahren installiert. Die gut 100 Patienten, für die er mittlerweile die Sprechstunde per Mausklick öffnet, sind allerdings immer noch eine Minderheit. Doch Baumgart sieht in der Telemedizin enorme Potenziale, erst recht jetzt in Zeiten von Corona. „Die unnötigen Wartezeiten sind vorbei und die vereinbarten Sprechstundentermine werden in der Regel eingehalten.“

Baumgart denkt an Patienten, die gerade nicht so gut laufen können. An Leute mit Atemnot, für die selbst eine Kurzstrecke von 100 Metern enorm anstrengend wäre. An Eltern kleiner Kinder, die panische Angst haben, dass sie sich im Wartezimmer anstecken könnten. Und an Patienten, die sich eine zweite Meinung holen wollten. Diese Mühen und Sorgen wische das virtuelle Sprechzimmer mit einem Schlag weg.

Als eine häufige, aber vergleichsweise kleine Hürde erweise sich auf Patientenseite die Technik: Wer einen Rechner ohne festinstallierte Web-Cam besitze, müsse halt nachrüsten. „Eine Kamera gibt’s schon ab zehn Euro“, sagt Tim Schneider, Vertriebsfachmann bei der Deutschen Arzt AG.

Seit Ausbruch des Coronavirus sprang die Zuwachsrate bei Ärzten auf 20 Prozent

Professor Baumgart trifft seine Online-Patienten meistens an den Randzeiten – frühmorgens zwischen 7.30 und 8 Uhr, mittags zwischen 13 und 13.30 Uhr oder nachmittags zwischen 17 und 18 Uhr. An manchen Tagen sitzt der Kardiologe dafür zehn Minuten am Monitor, an manchen sogar zwei Stunden.

Für einen Test ruft der Facharzt sprechstunde.online auf, loggt sich ein und nur wenige Sekunden später hat er – Bild in Bild – den Patienten im Blick. „Die Bildqualität ist exzellent“, sagt Baumgart, ehe er das Blutbild aufruft und die Blutwert mit dem Patienten bespricht. Auch die so genannte „Blickdiagnose“ für die erste Beurteilung sei gut möglich: Sieht der Patient müde oder abgeschlagen aus? Auf den kritischen Einwand, ob der Computer die Diagnose stelle, antwortet der Professor sofort. „Nein, dafür brauchen wir den Menschen.“ Aber mit der Online-Sprechstunde werde „ein guter Mittelweg“ beschritten.

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Die Deutsche Arzt AG will besonders die niedergelassenen Ärzte stärken und in dieser Nische wachsen. Seit Ausbruch des Coronavirus registrieren die Kettwiger „extrem hohe Zuwachsraten“ an Ärzten. „Seit gut zehn Tagen liegt die Steigerung bei 20 Prozent“, so Schneider.