Essen. Er wollte in Südtirol Ski fahren, nun steht er wegen Coronagefahr unter Quarantäne: Ein Essener erzählt von seinem Chaos-Urlaub im Risikogebiet.
Wie fühlt es sich an, aus einem Coronavirus-Risikogebiet zurückzukehren? Der Essener Thorsten Christians reiste mit Freunden zum Skifahren nach Südtirol, brach seinen Urlaub aber aufgrund der angespannten Lage in der norditalienischen Provinz schnell ab. Nun steht er unter freiwilliger Quarantäne.
Dass auf der Skipiste alles anders war als sonst, habe man sofort gemerkt, erzählt Christians: „Am Sonntag hatte ich meinen ersten Skitag. Trotz Bombenwetter war es verhältnismäßig leer.“ Am Montagvormittag seien dann noch weniger Skifahrer unterwegs gewesen. Und spätestens, nachdem Italiens Ministerpräsident Conte am Montagabend das ganze Land zur Sperrzone erklärte, ging gar nichts mehr.
Essener empfand Informationspolitik des Skiliftbetreibers als unzureichend
„Ab Dienstag fuhren keine Lifte mehr“, bestätigt Christians. Besonders geärgert habe er sich über die Informationspolitik des italienischen Liftbetreibers „Dolomiti Superski“. Denn am Montag habe es noch keinerlei Hinweise gegeben, dass ab dem nächsten Tag alles stillgelegt werde – weder online noch vor Ort durch Hinweisschilder.
„Irgendwann war dann auf der Internetseite der 9. März einfach als letzter Betriebstag eingetragen, ohne noch einmal extra darauf hinzuweisen, dass ab dem nächsten Tag außerplanmäßig keine Lifte mehr fahren“, beklagt der Rüttenscheider.
Auch interessant
Auch sonst beschreibt er die Informationslage in Italien als chaotisch. Beschlüsse seien häufig spät abends oder in der Nacht gefasst worden, sodass man gar nichts davon mitbekommen konnte. „Wenn man nicht zufällig die italienischen Nachrichten gesehen hatte, wusste man nicht Bescheid“, so Christians.
Hotelgäste wurden in Italien zur Abreise aufgefordert
Da Christians eine Ferienwohnung gemietet hatte, konnte er verhältnismäßig ruhig bleiben: Sein Vermieter drängte ihn nicht zur Abreise. Anders sei es aber Freunden ergangen, die im Hotel übernachteten, berichtet der 58-Jährige: „Sie wurden von den Hotelbetreibern aufgefordert, nach Hause zu fahren.“ Zurück nach Essen fuhr Christians aber dennoch am Dienstag – weil sich sein Skiurlaub mit der Sperrung der Pisten schlichtweg erübrigt hatte.
Die zeitige Abreise habe sich als richtige Entscheidung herausgestellt, sagt er mittlerweile: „Als ich über den Brenner nach Österreich gefahren war, sah ich schon die ersten Kontrollstationen.“ Die befanden sich zu dieser Zeit aber noch im Aufbau und waren noch nicht in Betrieb genommen worden. Mittlerweile hat die österreichische Regierung die Ein- und Durchreise stark eingeschränkt.
Die Stadt empfahl eine freiwillige Quarantäne, ein Coronatest wurde aber nicht gemacht
So verzögerte sich Christians’ Rückreise leicht, doch er konnte noch ohne Kontrolle zurück nach Deutschland fahren. Es sei offensichtlich gewesen, dass gerade alle Welt die Rückreise antrete, erzählt der 58-Jährige: „Auf dem Weg bin ich an Hotels mit komplett leeren Parkplätzen vorbeigekommen, vor den Mautstationen waren lange Schlangen.“ Coronavirus- Essen wird alle großen Veranstaltungen absagen
Zurück in Essen meldete sich Christians beim Bürgertelefon der Stadt, um sich über die nächsten Schritte zu informieren. Eine Amtsärztin rief ihn zurück und empfahl, sich zwei Wochen freiwillig in Quarantäne zu begeben. Auf das Coronavirus getestet wurde er aber nicht.
So verhalten sich Rückkehrer aus Risikogebieten richtig
Personen, die aus Risikogebieten nach Essen zurückkehren, sind aufgerufen, sich umgehend beim Bürgertelefon der Stadt unter der Rufnummer 0201 123-8888 zu melden. Dann wird das Gesundheitsamt informiert und kann gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen. Die Hotline ist die ganze Woche über von 8 bis 18 Uhr erreichbar.
Zu den Risikogebieten zählt das Robert-Koch-Institut aktuell Italien, den Iran, die Provinz Hubei inklusive der Stadt Wuhan in China, die Provinz Gyeongsangbuk-do (Nord-Gyeongsang) in Südkorea und die Region Grand Est (mit dem Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne) in Frankreich.
„Ich wollte mich eigentlich testen lassen, auch auf eigene Kosten“, so Christians. Die Ärztin habe ihn jedoch darüber informiert, dass das keinen Sinn mache, wenn man keine Symptome habe – und die hat der Rüttenscheider nicht.
Keine finanziellen Ausfälle: Da Christians alleine arbeitet, darf er damit weitermachen
Ganz zu Hause bleiben muss Christians trotz Quarantäne nicht. Der 58-Jährige ist selbstständig und hat einen Malerbetrieb. „Da ich momentan alleine Malerarbeiten in einer leeren Wohnung durchführe, kann ich das wie geplant weitermachen.“ So hat er zumindest keine finanziellen Ausfälle zu befürchten.
Ansonsten werde er sich aber in den eigenen vier Wänden aufhalten: Keine Kundengespräche, keine privaten Termine und auch ansonsten keine Besuche in der Stadt oder auch nur Einkäufe im Supermarkt. Trotz turbulenter Urlaubsreise und Quarantäne will sich Christians jedoch keine Angst machen lassen: „Ich bin ganz entspannt und verbreite keine Panik.“