Essen. Erst Personalnot, jetzt Raumnot: Zahl der Beamten wird aufgestockt, die Behörde weiß nicht, wohin mit ihnen. Dabei ist die Lösung naheliegend.

Für Außenstehende ist ein ziemlich akutes Dilemma der Bundespolizei am Essener Hauptbahnhof nicht erkennbar. Im Gegenteil: Scheinbar hat sich die Situation verbessert. Das Revier verfügt nach dem Umzug von der Herkulesstraße über die neueste Wache im Land, und nach den notorischen Kräfteengpässen der vergangenen Jahre ist die Zahl der Beamten an Essens wichtigstem Verkehrsknotenpunkt nach und nach gestiegen - die Belegschaft, die schon jetzt sichtbar mehr Präsenz zeigt, wird absehbar erstmals dreistellig.

Über 100 Beamte sollen es am Ende werden, sagt Bundespolizeisprecher Volker Stall ohne eine genaue Zahl preisgeben zu wollen. Das Mehr an Polizisten ist gut für die Sicherheit, aber gleichzeitig auch Kern eines drängenden Problems: Denn die Behörde weiß langsam nicht mehr wohin mit ihren Leuten. Der Personalnot folgt nun die Raumnot am Hauptbahnhof.

Dass die Einsatzfahrzeuge in dem „Käfig“ unter dem Parkhaus am Essen Hauptbahnhof stehen, ist aus Sicht der Gewerkschaft auch kein Idealzustand.
Dass die Einsatzfahrzeuge in dem „Käfig“ unter dem Parkhaus am Essen Hauptbahnhof stehen, ist aus Sicht der Gewerkschaft auch kein Idealzustand. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Dass Enge droht, ist seit längerem bekannt, ohne dass gegengesteuert worden wäre, kritisiert Andreas Naschke, Vorsitzender der Kreisgruppe Westfalen-Ruhr der Gewerkschaft der Polizei (GdP), und schiebt den Schwarzen Peter in Richtung der zuständigen Bundespolizeidirektion St. Augustin. Dabei gäbe es eine so schnelle wie praktikable Lösung, die zum Greifen nah ist, nur greift niemand zu: Die Büroimmobilie, die zwischen der Wache und dem Parkhaus an der Südseite des Hauptbahnhofs liegt, ist aktuell nicht nur zu vermieten, sondern würde auch ganz nach den Ausstattungs-Bedürfnissen der Bundespolizei bereitgestellt, wenn ein langfristiger Mietvertrag geschlossen würde.

So lange wird das Zeitfenster für die Immobilie am Hauptbahnhof nicht aufstehen

„Wir bauen um, wenn die Behörde zahlt“, bestätigt Immobilienverwalter Anton Krug auf Anfrage dieser Zeitung. Selbst ein Mauerdurchbruch in Richtung der derzeitigen Wachräume sei kein Problem: „Wir sind an einem langfristigen Mietvertrag interessiert.“ Man stehe seit geraumer Zeit mit der Bundespolizei in Kontakt. Doch dort und in der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mahlen die Mühlen offenbar besonders langsam: Bis eine Einigung darüber erzielt werden konnte, dass die Behörde zumindest einen kleinen Teil im Nachbargebäude nutzt, um dort wenigstens die Spinde der Beamten unterzubringen, für die in den Wachräumen kein Platz mehr war, seien „sechs bis sieben Monate“ ins Land gegangen, weiß Krug.

So lange wird das Zeitfenster für die erweiterte Nutzung der Immobilie am Hauptbahnhof wohl nicht aufstehen. Maximal drei Monate halte man sich an das Angebot für die Bundespolizei, sagt Krug. Dann müsse wohl anderweitig vermietet werden.

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Es droht die Situation, Beamte auf mehrere Standorte verteilen zu müssen

Genau diese Situation, die vermeidbar wäre, ist für Andreas Naschke der denkbar schlimmste Fall: Dann müssten nicht nur wieder die Spinde aus dem Nachbarhaus geräumt werden, von denen man genauso wenig wüsste, wohin mit ihnen wie mit den Beamten, die schon jetzt auf engstem Raum ihren Dienst versehen. Die Behörde stünde dann auch vor der Frage, wo sie ihre Belegschaft unterbringen sollte. Sie auf mehrere kleine Standorte zumal abseits des Bahnhofs zu verteilen, wäre für Naschke ebenso keine Lösung wie das Aufstellen von Notcontainern, für die am Bahnhof eh kein Platz wäre: „Wenn die Verantwortlichen zu spät reagieren, ist die beste Lösung weg.“

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Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass die Bundespolizei die Vorteile der Wache im Hauptbahnhof lobte, vor allem weil der Standort mitten im Geschehen viel kürzere Einsatzreaktionszeiten ermögliche als die ehemalige Unterkunft an der Herkulesstraße – und damit mehr Sicherheit für die rund 100.000 Reisenden bedeute, die täglich am Essener Hauptbahnhof ein- und aussteigen.

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