Essen-Stoppenberg. Seit 1930 betreibt die Familie Hertzler die Kneipe im Schatten von Zollverein. Dem Bergbau verdankt das Fünf-Mädelhaus bis heute seine Existenz

Kaum eine andere Kneipe in der Stadt pflegt die Bergbau-Romantik so sehr wie das Fünf-Mädelhaus in Stoppenberg. Das wird seit genau 90 Jahren von der Familie Hertzler betrieben. Wirtin Edith Hertzler hat ein Faible für Kohle und Karneval.

Das ist kaum zu übersehen, wenn man den Schankraum des Fünf-Mädelhauses betritt: Da liegen Kohlestückchen als Deko auf den Tischen, gibt’s Zucker und Milch aus Mini-Loren, blau-weiß-karierte Grubentücher als Tischdeckchen und eine Glasvitrine voller Bergbau-Devotionalien. Dazu einen bunt geschmückten Karnevalstisch und Musik der Höhner vom Band. „Ich bin halt ein bisschen verrückt“, sagt Edith Hertzler und lacht heiser. Genau das mögen ihre Gäste, darunter viele, die schon seit Jahrzehnten am Tresen stehen.

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Früher hieß die Kneipe Stern-Eck

Als die Großeltern 1930 begannen, da hieß die Kneipe noch Stern-Eck und hatte einen zweiten Eingang direkt an der Ecke. Es war die Hoch-Zeit von Zollverein, und natürlich gönnten sich die Kumpel gerne nach der Schicht ein Pils, manchmal auch zwei. Romantisch war das nicht, aber lukrativ genug, um die Familie zu ernähren.

Der Karnevalstisch gehört wie die Vitrine voller Bergbau-Devotionalien zum Interieur der Kultkneipe.
Der Karnevalstisch gehört wie die Vitrine voller Bergbau-Devotionalien zum Interieur der Kultkneipe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Auch die Eltern von Edith Hertzler haben von Zollverein gelebt, „sie haben sogar zusätzlich 20 Jahre lang die Kantine dort betrieben“, erzählt die 60-Jährige. Ihre früheste und schönste Erinnerung an die Kneipe sind die Schlager, die sie abends als Kind gehört hat: „Mein Zimmer war genau über dem Schankraum. Ich konnte alle Lieder mitsingen.“ Wenn Karneval gefeiert wurde, dann musste sie ihre heiß geliebte Stereoanlage in die Kegelbahn tragen, „dort hatte mein Vater immer die Bar aufgebaut“. Als Teenager fand sie das gar nicht lustig.

Die Salatteller heißen wie die vier Schwestern

Aufgewachsen ist sie in der Kneipe mit ihren vier Schwestern, was auch den Namen erklärt. „Mein Vater hat sich immer einen Stammhalter gewünscht. Aber es kamen fünf Töchter“, sagt sie. Also hat er augenzwinkernd das Stern-Eck umbenannt.

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Klar, dass alle fünf Mädels auch im Laufe ihres Lebens in der Wirtschaft mitgeholfen haben; übrig blieb dann Edith Hertzler, die das Fünf-Mädelhaus 1997 von den Eltern übernahm. Als kulinarische Erinnerung an den Einsatz ihrer Schwestern hat sie die Salatteller nach ihnen benannt: Sie heißen Ute, Doris, Iris, Ulrike und Pillepup. Pillepup? „Das ist meine Tochter“, sagt sie und da ist wieder ihr heiseres Lachen.

Das Schaschlik gibt es nur im Strukturwandel

Die Speisekarte ist eh ein Clou für sich. Das fängt schon mit der Hausordnung an: „Deine Brocken kannsse am Haken hängen“ und „Teller putzen is Pflicht, sonns gibbet schlechtet Wetter“ heißt es da. Ähnlich lautmalerisch kommt das Essen ‘rüber: Die Currywurst wird zum „Gebundenen vom Schwein an indischer Soße“, die Kartoffelsuppe heißt Schimanskies und das Schaschlik gibt es nur im Strukturwandel. Gewürzt wird alles noch mit trockenen Sprüchen von Omma, Tante Mia und Konsorten.

Apropos Strukturwandel: Den hat die Wirtin klug genutzt und ihr Kneipenkonzept ganz darauf abgestellt. Und huldigt in allem, was sie anbietet, dem Bergbau und dem Ruhrpott. Mit Erfolg: Gerne kommen die Touristen nach einer Zollverein-Führung ins Fünf-Mädelhaus. Das wird die schmale Stoppenbergerin, die am liebsten selbstgenähte Grubenhemden trägt, noch so lange betreiben, wie es geht.

Ob ihre Tochter die Kultkneipe einmal übernehmen wird? Die hat zwar „standesgemäß“ Köchin im Casino Zollverein gelernt. Doch ihre Kochkünste genießen nicht die Essener, sondern seit zehn Jahren die Australier in Perth. Woanders kann eben auch schön sein.

Ein zünftiges Bergmanns-Buffet am Wochenende

Zum 90-jährigen Jubiläum hat Thomas Stauder von der Privatbrauerei Stauder dem Fünf-Mädelhaus am Hugenkamp 35 einen Besuch abgestattet und eine Urkunde mitgebracht.

Das Haus hat Mittwoch bis Sonntag ab 17 Uhr geöffnet. Montag und Dienstag öffnet es gegen Vorbestellung (mindestens 15 Personen). Seit neuestem gibt es hier Freitag, Samstag und Sonntag ein Bergmannsbuffet ab 18 Uhr.

Am Herd steht Edith Hertzler persönlich; ihr Handwerk hat sie einst in der „Börse“ bei Gastwirt Rzepucha und bei den Eltern gelernt.

Das Fünf-Mädelhaus ist unter 300 121 oder per Mail unter info@dasfuenfmaedelhaus zu erreichen.