Essen-Rüttenscheid. Abbiege-Gebote sollen den Autoverkehr auf der Rü vermindern. Bei den Geschäftsleute stoßen die Pläne auf heftige Kritik.
Viele ortsansässige Geschäftsleute sind empört über den Plan, den Durchgangsverkehr auf der Rüttenscheider Straße durch Abbiege-Gebote an der Martinstraße und dem Rüttenscheider Stern zu reduzieren. Peter Vogel, Inhaber der Fleischer Gronau, hält überhaupt nichts davon, Eingriffe in „das funktionierende System einer Einkaufstraße“ vorzunehmen. Auch wenn die Rü über Nebenstraßen mit dem Auto erreichbar bleibe, würde das am Ende zu einer deutlich geringeren Kundenfrequenz führen.
Zudem müsse man bedenken, wie eng beispielsweise die Dorotheenstraße sei, die eine der möglichen Ausweichstraßen wäre. Unerfreulicher Nebeneffekt sei zudem, dass sich die Belastung für die dortigen Anwohner erhöhen werde. Das Vorhaben der Stadt ist nach Ansicht des Metzgermeisters eher ein Versuch, die Rü auf dem Streckenabschnitt in eine Flaniermeile zu verwandeln. Doch genau das passe nicht zu den Gewohnheiten der Kunden.
Bedenken von Apotheker und Immobilienmakler in Essen-Rüttenscheid
Apotheker Wolfgang Blume, seit einem Vierteljahrhundert an der Rü ansässig, spricht von einer „Katastrophe“, sollten die Pläne der Stadt Wirklichkeit werden. Als vor Jahren samstags die Rü für den Autoverkehr gesperrt war, „hatte das ein Drittel an Umsatzeinbußen zur Folge“. Wenn jetzt wieder der Verkehr weitestgehend rausgehalten werden solle, dann rechne er mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden, so Blume. Auch der 56-Jährige fragt, warum man eine Einkaufsmeile zerstören wolle, die sich doch als erfolgreich erweise.
https://www.waz.de/staedte/essen/stadt-essen-will-durchgangsverkehr-von-der-rue-verbannen-id228326975.htmlAuch Andreas Stein, dessen Ehefrau Inhaberin des Unternehmens „Stein Immobilien“ ist, hat Bedenken und sorgt sich auch um die vielen anderen Geschäftsleute auf der Rü zwischen Martinstraße und Rüttenscheider Stern. Wenn die Erreichbarkeit der Läden eingeschränkt werde, sei das ein „riskantes Unterfangen“ und könne dem größten Konkurrenten, dem Onlinehandel, Vorschub leisten.
Die Gemarkenstraße in Holsterhausen als abschreckendes Beispiel
An der Gemarkenstraße könne man sehen, zu was es führe, wenn man die Verkehrsführung verändere. Denn dort gebe es inzwischen einen erheblichen Leerstand bei den Ladenlokalen. Zweifel hat Stein zudem an der Effizienz einiger Vorhaben, die zur Sauberkeit der Luft beitragen sollen. „Was bringt Tempo 30 auf der Alfredstraße“, fragt er und hat die Befürchtung, dass durch die vorgesehenen Abbiegeregeln gerade diese ohnehin schon stark belastete Straße noch erheblich mehr Autos aufnehmen müsse.
Den Sinn von Fahrradstraßen will Dirk Volkmer, Geschäftsführer des Cafés Mondrian, keineswegs bezweifeln. Gerade in heutiger Zeit und angesichts des Klimawandel seien solche Projekte zu befürworten, aber auch er befürchtet, dass die beabsichtigten Regelungen nicht nur seinem Lokal zum Nachteil gereichen, sondern auch viele andere Geschäfte darunter leiden würden.
Seniorenheim sorgt sich um Einkaufsmöglichkeiten der Bewohner
Doch es sind nicht nur Gastronomen und Händler, die die Absichten der Stadt kritisch beäugen. Markus Kampling, Chef der Katholischen Pflegehilfe Essen und zuständig für das Seniorenzentrum St. Martin an der Rü 277, hat ebenfalls Bedenken. Viele Bewohner des Hauses, so erklärt er, „gehen noch in Begleitung einkaufen“. Das sei aber nur möglich, wenn sie mit dem Auto möglichst nah an die Geschäfte herangefahren werden können.
Das Konzept der Stadt gebe nach seinem Kenntnisstand keine Antwort auf die Frage, ob das auch künftig gewährleistet sei. Zudem müsse auch geklärt werden, ob die Bewohner wie bisher die Arztpraxen erreichen können. Kampling hätte sich gewünscht, dass die Stadt betroffene Einrichtungen in die Planungen einbindet.
Wenn für die Rü geplant werde, so jedenfalls sagt es Dzenan Karalic, Geschäftsführers des Restaurant Miamamia, dann sollte sie sich um zusätzliche Parkplätze kümmern. „Oder zumindest sich über ein Parkraumkonzept Gedanken machen, das den Anforderungen gerecht wird“. Ferner sollte es auch darum gehen, mehr Platz für den Anlieferverkehr zu schaffen.