Essen-Burgaltendorf. Gemeinderat hält an Entscheidung fest: Es bleibt beim Verzicht auf nächtlichen Glockenschlag. Mitglieder räumen Fehler in der Kommunikation ein.

Die Glocken von Herz Jesu in Burgaltendorf bleiben stumm – zumindest nachts. Diese Entscheidung hat der Gemeinderat jetzt bestätigt. Es gebe keine neuen Argumente, um weiter über den abgestellten Stundenschlag zu sprechen: „Ende der Diskussion“, erklärte der Vorstand. Gleichzeitig räumen die Mitglieder Fehler in der Kommunikation ein.

„Wir leben hier auf dem Dorf, da gehört es zum guten Ton, dass man solche Entscheidungen kundtut“, lautet daher die Kritik eines von rund 30 Besuchern bei der Gemeinderatssitzung. Denn bei dieser war der nächtliche Glockenschlag nochmals auf der Tagesordnung gelandet, nachdem mehr als 1100 Unterschriften für den Stundenschlag übergeben worden waren. Abgestellt wurde der Stundenschlag nach dringender Bitte zweier direkter Nachbarn, die sich wegen gesundheitlicher Beschwerden an die Gemeinde gewandt hatten.

Die Positionen stehen sich nach wie vor gegenüber

Auch interessant

Nun kamen Befürworter des nächtlichen Glockenschlags („Kirchenglocken sind kein Lärm“) sowie diejenigen, die Verständnis dafür haben, auf Nachtruhe Rücksicht zu nehmen („Die Lösung entspricht meinem christlichen Werteverständnis“) zusammen. Nach wie vor stehen sich die Positionen gegenüber.

Für die einen ist das Glockengeläut Tradition, auf die sie nicht verzichten wollen („Die Kirche war zuerst da“), für die anderen gilt es, den Blick auf die Menschen zu richten. „Wir haben doch ganz andere Einschnitte zu befürchten, wenn Priester fehlen, wir unser Gemeindeheim nicht mehr tragen können oder die Kirche geschlossen wird“, setzte ein Besucher das Thema in Relation.

Besucher aus Altenessen bei der Gemeinderatssitzung

„Es gibt aber viele, die den Glockenschlag vermissen, auch das muss man akzeptieren“, erklärte eine Besucherin. „1100 Unterschriften sind auch eine Zahl“, pflichtet ihr ein Teilnehmer bei. „Wer nach Burgaltendorf zieht, der muss sich nicht erkundigen, wann die Glocken läuten“, entgegnete Uwe Rex. 30 Jahre habe er auf der Ruhrhalbinsel gelebt, auch in Burgaltendorf, wo ihn die Glocken als Kind nachts geweckt hätten. Nun ist er eigens für die Sitzung aus Altenessen gekommen, „weil mich das Thema auf die Palme bringt“.

Applaus gab es für beide Seiten und zu Beginn der Sitzung zunächst eine Erklärung des Gemeinderatsvorstandes. Sie seien nicht offen mit dem Thema umgegangen, gestehen die Verantwortlichen: „Wir wollten es nicht unnötig groß machen und haben die Bedeutung unterschätzt.“

Rege und emotionale Diskussion bewegt viele Burgaltendorfer

Auch interessant

Wie groß aber das Interesse an der Entscheidung und vor allem an dem Vorgehen ist, das zeigt die rege wie emotionale Diskussion, die seitdem viele Burgaltendorfer beschäftigt. Seit 1. Dezember läuten die Glocken in der Zeit von 23 bis 6 Uhr morgens nicht mehr. Der Gemeinderat stimmte nach dem Schreiben der Anwohner ab: mit einer Mehrheit fürs Abstellen. Der zuständige Pfarrer Gereon Alter von der Großpfarrei St. Josef, zu der Herz Jesu zählt, folgte dem Votum.

Daher betont der Vorstand nun nochmals, dass dieser demokratischen Entscheidung Respekt gebühre: „Man sollte die Größe haben, diesen Prozess zu akzeptieren.“ Zu diesem gehörten inhaltlich intensive sowie strittige Diskussionen: Sowohl bei mehreren Treffen des Vorstandes, als auch in öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates. Sie hätten eine Lösung für die Anwohner finden sowie gerichtliche Auseinandersetzungen, wie sie sich in solchen Fällen an anderen Orten entwickelt hätten, vermeiden wollen: „Wir sind nicht vorschnell eingeknickt.“

Offene Flanke ist die mangelnde Kommunikation

Sie rief die Unterschriften-Aktion ins Leben: Reinhild von der Gathen aus Burgaltendorf.
Sie rief die Unterschriften-Aktion ins Leben: Reinhild von der Gathen aus Burgaltendorf. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Ihre offene Flanke nennt ein weiteres Vorstandsmitglied an dem Abend deutlich: „Die Kommunikation ist Mist gelaufen.“ Sie hätten anders informieren sollen. Ob sie aber mit einer Ansprache nach der Messe, wie es zunächst vorgesehen gewesen ist, diejenigen erreicht hätten, die pro Glockenschlag unterschrieben haben, das bleibe offen. Fest steht aber, dass die fehlende Kommunikation auch zu Missverständnissen geführt habe, erklärt eine Besucherin: „Ich habe gedacht, dass die Glocken ganz abgestellt werden sollen, und viele andere auch.“

Dass viele daher eine andere Informationspolitik gewünscht hätten, das bleibt bei dieser Zusammenkunft unbestritten: „Dann hätten wir das ganze Theater nicht gehabt“, ist eine Besucherin sogar überzeugt. Fest steht, dass Pastor Hans-Ulrich Neikes mit offenen Worten in einem Brief an die Gemeinde sowie der Gemeinderat mit seinem Eingeständnis der mangelnden Kommunikation viele Gläubige haben versöhnen können.

Beleidigungen und persönliche Angriffe in sozialen Medien auf die Ehrenamtlichen

Auch interessant

Nicht abfinden können sich die Mitglieder des Gemeinderates hingegen mit Kommentaren in den sozialen Medien wie Facebook, dazu zählten Beleidigungen und persönliche Angriffe auf die Ehrenamtlichen: „Das war unterste Schublade und hat uns getroffen.“

Bei Reinhild von der Gathen macht sich wiederum Enttäuschung breit darüber, dass der Gemeinderat nicht annähernd mit dem Gedanken gespielt habe, die umstrittene Entscheidung zu überdenken. Sie hatte die Unterschriften-Aktion ins Leben gerufen: „Ein freundlicher Brief eines Ehepaares bewirkt, dass der nächtliche Schlag der Turmuhr ausgesetzt wird, aber mehr als 1100 Unterschriften gegen die Aussetzung bewirken nichts.“