Essen. Komödie „Enkel für Anfänger“ feiert Weltpremiere in der Lichtburg. Essener Ehrenamt Agentur stand Pate für den Kinofilm über Leih-Großeltern.
Wenn Essen zur Filmkulisse wird, dann rücken zumeist die üblichen Wahrzeichen ins Bild – von der Zeche Zollverein bis zum Baldeneysee. Ganz andere Bilder von Essen zeigt nun der Film „Enkel für Anfänger“, der am Sonntagabend in der Lichtburg Premiere feierte. Da entdeckt man Schauspieler Heiner Lauterbach mit seinem Schützling beim Eisschlecken vor der Alten Synagoge, sieht der flippigen Barbara Sukowa mit ihrer Paten-Enkelin Leonie beim Entenfüttern im Stadtgarten zu und erlebt eine bewegende Familienversöhnung auf der Margarethenhöhe.
Dass die prominent besetzte Best-Ager-Komödie zum großen Teil in Essen und Umgebung gedreht wurde, hatte für Regisseur Wolfgang Groos einen guten Grund. Inspiriert wurde der Filmemacher nämlich vom „Glückskind“-Projekt der Essener Ehrenamt Agentur. Seit 2006 bringt man hier Grundschüler mit erwachsenen Paten zusammen. 30 dieser Glückskinder-Paare waren am Sonntagabend auch im Kino mit dabei, als der Film in Essen seine umjubelte Welturaufführung feierte.
Hüpfburg statt Fernsehsessel: Maren Kroymann, Barbara Sukowa und Heiner Lauterbachspielen in „Enkel für Anfänger“ drei Senioren, die vom Ruhestand mit Geschichtskreis-Treffen und Backgammon-Runde noch nichts wissen wollen und stattdessen als Leih-Großeltern neue Herausforderungen suchen.
Auf dem Roten Teppich vor der Lichtburg plauderten die Stars wie Heiner Lauterbach auch über ihre privaten Opa-Erfahrungen. „Es ist schön, eine Generation im Haus zu haben, die man nicht mehr erziehen muss.“ Neben Enkel Julius gibt es im Hause Lauterbach aber auch noch die eigenen Kinder Vito und Maya, die in „Enkel für Anfänger“ ebenfalls mitspielt. Als große Schwester des hyperaktiven Yannik, den Jungstar Julius Weckauf verkörpert. Erst im Dezember 2018 war der heute Zwölfjährige als Hauptdarsteller der verfilmten Kerkeling-Biografie „Der Junge muss an die frische Luft“ in der Lichtburg gefeiert worden. Die zweite Essener Weltpremiere seiner jungen Kinokarriere nahm der gebürtige Jüchener schon viel gelassener. „Ich spiele zwar einen hyperaktiven Jungen, aber zu Hause bin ich eigentlich ein ganz Ruhiger.“
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Im Film übernimmt Maren Kroymann die Rolle seiner Leih-Oma Karin, die sich in der spießigen Vorstadtvilla zwischen Blumenrabatten und Rasenmäh-Roboter mit Ehemann Harald eingerichtet hat. „Eigentlich bekomme ich in den letzten Jahren eher die Rollen als Spät-68er, Alt-Hippie oder erwachsene Pippi Langstrumpf angeboten. Und jetzt sollte ich diese konventionelle Rentnerin sein, die ein bisschen langweilig ist?, hat sich die 70-jährige Kabarettistin und Schauspielerin anfangs zwar gefragt. Um sich dann nicht nur vom ironischen Biss und dem schönen schwarzen Humor der Vorlage, sondern auch vom Thema Leih-Enkelschaft überzeugen zu lassen.
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Ganz so spontan, wie der Kontakt zwischen Junior und Senior im Film hergestellt wird, funktioniere es in der Realität allerdings nicht, sagt Hendrik Rathmann, Sprecher der Ehrenamt Agentur, die inzwischen schon mehr als 300 „Glückskinder“ vermittelt hat. Wer sich für ein Patenamt interessiert und neben einem polizeilichen Führungszeugnis auch zwei Empfehlungsschreiben vorlegen kann, durchläuft nach mehreren Vorgesprächen und Gruppenterminen mit seinem Schützling ein halbjähriges Kennenlernprogramm. Manchmal hielten diese Verbindungen dann bis zum Abitur und darüber hinaus, erzählt Rathmann. Vorgeschlagen würden die Kinder von Essener Grundschulen. Was die Paten mitbringen müssten, sei vor allem die Begeisterung für das besondere Ehrenamt. „Wir suchen keine Überflieger, sondern authentische Leute, die sich die Zeit nehmen“, sagt der Sprecher.
Requisiten für die Dreharbeiten in der Krayer Zeche Bonifacius
Viele Erfahrungen der Eheramt Agentur hätten die Filmemacher in Vorgesprächen sogar aufgenommen. Und nicht nur die, berichtet Rathmann. Um die in der Alten Lohnhalle der Krayer Zeche Bonifacius nachgebaute Freiwilligenagentur im Film möglichst authentisch rüberkommen zu lassen, habe man sich für die Dreharbeiten im vergangenen Jahr bei der Ehrenamt Agentur sogar jede Menge Büro-Requisiten ausgeliehen – von der Bastelkiste über Flyermaterial bis zur Urkunde.
Ob die Patengroßeltern-Idee nun auch im wahren Leben noch mehr Nachahmer findet, wird sich zeigen. „Wir würden uns natürlich freuen, wenn Leute den Film als Initialzündung sehen“, sagt Rathmann. Aktuell suche man sogar noch Paten für die nächste „Glückskind“-Staffel. Wer sich inspirieren lassen möchte: „Enkel für Anfänger“ ist ab dem 6. Februar in den Essener Filmkunsttheatern zu sehen. Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Essen