Essen. Schmerzhafte Intimrasuren, Schönheitswahn, Sex-Stellungen im Bett: Carolin Kebekus pfeift bei ihrem Auftritt in Essen auf die Konventionen
Als die Show nach zweieinhalb Stunden in der ausverkauften Gruga vorbei ist, fällt ein großer, rosaroter Vorhang herab. Während Carolin Kebekus zum Abschied einen „Prinzessinen-Song“ schmettert. So endet der Abend milder, als ihn Kebekus ironisch eingeleitet hatte. Als „die Königin“ hatte sie ihrem Publikum anfangs noch einen Schwur abverlangt, über alle Gags zu lachen: „Es wird natürliche eine Diktatur. Aber ich werde gerecht sein!“
Kebekus sagt: „Mädels, bildet Seilschaften!“
Passend zum Titel ihres Programms, „Pussy Nation“, trägt sie einen olivgrünen Hosenanzug, die Haare sind streng nach hinten gebunden. Natürlich gehört dieser militärisch-autoritäre Look zum Spiel, zum Rundumschlag, bei dem Kebekus in knapp zwei Stunden ordentlich austeilt: gegen fehlende Gleichberechtigung, welche die gebürtige Bergisch Gladbacherin in den alltäglichen Details offenbart. Kebekus empfiehlt: „Mädels, bildet Seilschaften!“ Und beschwichtigt zugleich die Herren im Publikum: „Männer müssen keine Angst vor der Gleichberechtigung haben!“
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Ihre rotzfreche Haltung sorgt immer wieder für Kontroversen
Warum auch, wenn der Feminismus so erscheint, wie ihn Kebekus zelebriert: direkt, schroff, prollig. Politische Themen behandelt sie so, dass es jeder versteht. Paragraph 219a, der Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verbietet? „Mein Körper, meine fucking Entscheidung!“ Gesundheitsminister Spahn, der Frauen warnt, die Pille danach nicht mit Smarties zu verwechseln? „Was ist das für eine herablassende Scheiße?“ Mit ihrer rotzfrechen Haltung löste Kebekus auch schon mal die ein oder andere Kontroverse aus. Im Februar 2013 intervenierte etwa die Katholische Kirche. Der Grund: Die Comedian bewarb sich in der „heute Show“ satirisch als Päpstin. Im Sommer des gleichen Jahres trat sie als Nonne auf und spielte auf sexuellen Missbrauch im Klerus an. Der WDR entschied sich am Ende gegen eine Ausstrahlung.
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Kebekus fragt: „Ist es bis hierhin zu sexuell gewesen?“
Sowas sorgt in unserer vermeintlich liberalen, emanzipierten Gesellschaft noch immer für Aufruhr. Deswegen wütet Kebekus’ Feminismus entlang der Gürtellinie. Um Verhaltensmuster sichtbar zu machen, denen sich Frauen unterwerfen. Etwa während der Menstruation: „Tampons gehen bei uns immer noch herum, als wäre es scheiß Heroin.“ Oder da ist der Optimierungszwang, bis hin zum Body Shaming: „Der weibliche Körper ist immer zum Abschuss freigegeben“, kritisiert die 39-Jährige. Kebekus hält dagegen, indem sie sich großzügig austobt über die Verirrungen der Gegenwart. Über schmerzhafte Haarentfernungen im Intimbereich oder Lifestyle-Magazine, die Frauen krampfhafte Sex-Stellungen im Bett empfehlen – Hauptsache, sie sehen seriös dabei aus. Kebekus hält munter dagegen. Und muss vorsichtshalber nachhaken: „Ist es bis hierhin zu sexuell gewesen?“ Widerworte bleiben aus dem Publikum aus. Schließlich leistete es einen Schwur.
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