Essen. Um die Krankenhaus-Pläne für den Norden zu retten setzt nun die Krisendiplomatie ein. Noch ist der Neubau nicht vom Tisch, doch die Zeit drängt.

Das jüngste Beben in der Essener Krankenhaus-Landschaft lässt sie alle erst einmal ratlos zurück: in den Kliniken des Essener Nordens wie auch in der Kirchengemeinde St. Johann Baptist, die für das Mega-Vorhaben am Altenessener Karlsplatz weichen sollte. Hier wie dort haben seit dem offiziell verkündeten Scheitern der Krankenhaus-Ehe Spekulationen die verlässlichen Planungen abgelöst. Kommt der Neubau? Wird die Kirche abgerissen? Wer übernimmt die Krankenhäuser? Die Zeit drängt.

Binnen weniger Monate, so heißt es, will Krankenhaus-Betreiber Contilia einen Käufer für die katholischen Kliniken Philippusstift, St. Vincenz und Marienhospital präsentieren. Dies schon aus eigenem Interesse, weil das Unternehmen finanziell offenbar nicht so komfortabel gebettet ist, dass Betulichkeit angeraten scheint. Ob es für die Spitäler genügend Interessenten gibt, ist völlig offen.

94 Millionen Euro Zuschuss – wenn ein Käufer die Klinik-Pläne 1:1 übernimmt

Beim Bistum wie bei der Stadt wächst die Sorge, dass das erhoffte Interesse freier, gemeinnützigen Krankenhaus-Betreiber an den Essener Kliniken eher überschaubar ausfallen könnte. Das brächte vor allem Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck in die Bredouille, denn auf ihn käme es dann an: Er hat dem Vernehmen nach das vertraglich festgelegte Recht, gegen den Verkauf an einen privaten Käufer ein Veto einzulegen.

Und mit einem Käufer allein ist es ja noch nicht getan: Offen bleibt, ob die neuen Eigentümer der Katholischen Kliniken im Norden der Stadt auch in die ehrgeizigen Neubau-Pläne für ein 725-Betten-Haus am Karlsplatz einsteigen würden. Immerhin winken Landeszuschüsse aus Strukturfonds-Mitteln in einer Größenordnung von 94 Millionen Euro – allerdings nur, wenn das Projekt 1:1 übernommen wird, wie es heißt. Ansonsten würde das Bundesamt für soziale Sicherung die Förderzusage wieder einkassieren. Wie viel Zeit bleibt, um darüber nachzudenken, weiß derzeit niemand.

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Der Bischof kam zum Blitzbesuch: Bloß nicht wegducken, heißt die Devise

Und so setzt jetzt Krisendiplomatie ein: Für Montag hat Oberbürgermeister Thomas Kufen die Beteiligten zu Krisensitzungen eingeladen, die man lieber nicht Krisensitzungen nennen mag, um zu retten, was noch zu retten ist. Kontakte zum Land sind geknüpft, die lokalen politischen Gremien sollen im Februar informiert werden.

Derweil fuhr am Mittwochabend vor dem Gemeindezentrum der Pfarrei St. Johann Baptist der silbergraue Audi von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck vor: Blitzbesuch gemeinsam mit dem Generalvikar bei der dortigen Kirchenvorstands-Sitzung. Es ist der Versuch, deutlich zu machen, dass sich der Oberhirte nicht wegduckt, dass er Vertrauen schaffen will. Wo doch schon mit den Plänen der Contilia, die ja den Kirchen-Abriss vorsehen, so viel Vertrauen verloren ging. Und nach dem Rückzieher des Krankenhaus-Betreibers noch mehr.

„Kein Anlass und auch keine Handhabe“ für einen Rückzieher vom Kaufvertrag

Immerhin, ein Scherbengericht bleibt dort aus: Man stehe einstimmig weiter „grundsätzlich hinter der Planung, in Altenessen ein neues Krankenhaus mit einer neuen Kirche zu errichten“, heißt es in einer Stellungnahme des Kirchenvorstands. Solange sich an diesem Vorhaben nichts ändere, „gibt es vorerst keinen Anlass – und auch keine Handhabe – in eine andere Richtung zu agieren“.

Denn Paragraph 8 des Kaufvertrags für das Kirchen-Grundstück räumt ein Rücktrittsrecht von der Veräußerung nur ein, „wenn – gleich aus welchem Grund – feststeht, dass ein Krankenhausneubau mit eingeschlossenem Kirchenneubau auf dem geplanten Areal weder durch den Käufer noch seinen Rechtsnachfolger verwirklicht werden wird“.

Fest steht aber eben nichts. Und eine Frist ist nicht genannt.