Essen. Belal Al Mahamid kam als Flüchtling nach Essen. Heute führt er ein beliebtes Restaurant. Eine Schlägerei sorgte jüngst für negative Schlagzeilen
Al Midan ist ein Stadtteil in Damaskus. An der Hauptstraße des historischen Viertels reiht sich ein Restaurant an das nächste. Soweit ist es am Salzmarkt in der Innenstadt noch nicht. Dort ist das „Al Midan Al Dimaschki“ zur ersten Adresse für Liebhaber der syrischen Küche avanciert.
Wer zu Mittagszeit in dem syrischen Restaurant einen freien Platz sucht, muss sich in Geduld üben. Der Laden brummt. Kellner und Köche haben alle Hände voll zu tun. An den Tischen sitzen überwiegend Gäste arabischer Herkunft. Das „Al Midan Al Dimaschki“ ist ein beliebter Treffpunkt von Syrern, die es nach Essen verschlagen hat. 2017 hat es eröffnet. „Inzwischen sind wir multikulti“, sagt der Inhaber Belal Al Mahamid. Auch seine deutschen Gäste wissen Falafel und Hummus zu schätzen.
Der heute 30-Jährige kam 2015 als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland
Belal Al Mahamid stammt aus Daraa, wo der syrische Bürgerkrieg seinen Anfang nahm. Im Februar 2015 ist der heute 30-Jährige als Flüchtling nach Deutschland gekommen – zu Fuß über die Balkanroute, wie so viele, die ihm im Sommer darauf folgen sollten. Der Krieg in seiner Heimat habe ihm keine andere Wahl gelassen, erzählt Al Mahamid.
Über Bayern und Brandenburg kam er nach Essen. Seit 2016 lebt er in der Stadt. Ein Freund hatte ihm den Tipp gegeben, nachdem Al Mahamid es zunächst sein Glück in Berlin suchen, dort aber keine Wohnung fand. Im Ruhrgebiet sei es vielleicht einfacher Fuß zu fassen. Seine Frau konnte er über die Familienzusammenführung nachholen, ihr gemeinsamer Sohn Taha ist in Essen geboren. Der Rest der Familie hat in der Türkei Zuflucht gefunden.
„Anfangs war es schwer, vor allem die Sprache“, erzählt Belal Al Mahamid, der inzwischen hervorragend Deutsch spricht. In seiner Heimat hatte er Business-Management studiert. Den Gedanken, sein Studium in Essen zu beenden und noch Jahre in Hörsälen zu verbringen, verwarf er wieder. Er habe arbeiten wollen, fand aber nur einfache Jobs. Als sich ihm die Chance bot, ein Restaurant zu eröffnen, griff Al Mahamid zu. Ein Onkel, der in Kuweit lebt, habe ihm finanziell geholfen. Personal für Küche und Service suchte und fand er über Facebook. „Viele Syrer suchen Arbeit.“
In seinem Restaurant am Salzmarkt beschäftigt Belal Al Mahamid 20 Mitarbeiter
In Essen beschäftigt Al Mahamid heute 20 Mitarbeiter, weitere sechs arbeiten in einer kleinen Dependance in Düsseldorf. Sein Restaurant am Salzmarkt hat er kürzlich um- und ausgebaut. Plätze gibt es nun auch in der ersten Etage.
Es hätte nicht viel besser laufen können für Belal Al Mahamid. Wäre es nicht jüngst im „Al Midan Al Dimaschki“ zu jener handfesten Auseinandersetzung gekommen. Gäste sollen über einen freien Tisch in Streit geraten sein. Der Streit endete vor der Tür in einer Massenschlägerei. „Das hätte nicht passieren dürfen“, sagt Belal Al Mahamid. „Für uns war das sehr schlechte Werbung.“ Einer der Beteiligten, ein Syrer, sei polizeilich bekannt. „Die Polizei hat mir ein Foto gezeigt.“
Syrien ist das Herkunftsland Nummer 1
Die meisten in Essen lebenden Flüchtlinge kommen aus Syrien. Ihr Anteil liegt bei 20 Prozent (Stand 30.9.2019). An zweiter Stelle der Herkunftsländer liegt der Irak mit einem Anteil von 9,7 Prozent. 6,3 Prozent der Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, aus Nigeria 6,1 Prozent. Es folgen Flüchtlinge aus Serbien mit einem Anteil von 5,6 Prozent.
Er kenne persönlich viele Landsleute, die studieren, die bald in Deutschland als Ärzte oder Ingenieure arbeiteten. Es gebe leider auch andere, die kriminell geworden seien. „Der Staat muss streng sein“, sagt er. Auch das Thema Clan-Kriminalität ist ihm nicht verborgen geblieben. Belal Al Mahamid fürchtet, dass in der öffentlichen Wahrnehmung alle Menschen arabischer Herkunft in einen Topf geworfen werden könnten. „Wir sind keine Kriminellen, wir sind kein Clan, wir wollen nur arbeiten“, sagt er.
Bilder aus seiner Heimat machen ihn traurig. Es werde wohl noch viele Jahre dauern, bis in Syrien wieder Frieden herrsche. Dass er und seine Familie bald zurückkehren könnte nach Daraa, glaubt er nicht. „Essen“, sagt Belal Al Mahamid, „ist unsere zweite Heimat geworden“.