Essen. Frank Schlag verkauft seit vielen Jahren Kunst in Essen. Anders als auf Auktionen sind die Preise hier oft noch weit von Rekorden entfernt.
98,5 Millionen Euro für Monets Heuhaufen-Gemälde, 125 Millionen für eine Giacometti-Bronze, 91 Millionen für ein silbernes Edelstahl-Kaninchen von Jeff Koons: Verfolgt man die Ergebnisse vergangener Kunst-Auktionen, dann scheint sich der Kunstmarkt zu einem exklusiven Tummelplatz der Superreichen entwickelt zu haben, auf dem ein Rekord nach dem anderen eingefahren wird. Fragt man hiesige Kunsthändler wie den Essener Galeristen Frank Schlag, gestaltet sich die Situation vor Ort freilich noch etwas anders. „Gute Kunst muss nicht per se teuer sein. Man kann auch ein paar hundert Euro anlegen und damit ein echtes Lieblingswerk finden“, rückt Schlag das Bild vom kommerziellen Kunstmarkt zurecht. Zwischen knapp tausend Euro und einer Viertelmillion bewege sich der Rahmen, mit dem in seiner Galerie gehandelt würde. Denn anders als bei internationalen Auktionen könne man als Galerist vor Ort die Entwicklung und Wertsteigerung eines Künstlers bis zu einem gewissen Grad noch mitsteuern.
Gleichwohl hat auch der Essener Galerist immer im Blick, wenn zwischen London und New York wieder irgendwelche Rekorde purzeln. „Wenn in den 1980ern mal eine Million Dollar aufgerufen wurde, dann wurde im Saal schon Beifall geklatscht, das kam nicht oft vor“, erzählt Schlag, der seit 40 Jahren im Kunstgeschäft unterwegs ist. Mit seiner Onlinegalerie „Collectors Sale“ war der 56-Jährige auch einer der ersten, der hochwertige Kunst von Polke bis Richter im Netz anbietet. Kunst- und Kundenwelt sind nun mal internationaler geworden. „Wenn man in den 80ern einen Kunden aus Frankreich hatte, galt das schon als international“, erinnert sich Schlag lächelnd. Heute gibt es Anfragen aus aller Welt, wenn in den Galerieräumen an der Teichstraße Arbeiten des italienischen Bildhauers Bruno Walpoth zu sehen sind. Diese ungemein filigran und anatomisch genau gearbeiteten naturalistischen Skulpturen, diese am Boden hockenden und wie in Trance ins Weite blickenden Gestalten aus Linde oder Nussholz fänden von Afrika über Amerika bis Asien ihre Liebhaber. „Fast alle, die ein Werk gekauft haben, haben vorher noch nie eine Arbeit im Original gesehen“, berichtet Schlag. Mehrere 10.000 Euro sollte schon im Portemonnaie haben, wer einen echten Walpoth sein Eigen nennen will. Zwei lebensgroße Figuren wechseln in diesen Tagen für 60.000 Euro den Besitzer. Das bislang einmalige Paar im Walpoth-Werk geht ins Ausland.
50.000 Euro waren mal viel Geld für ein Kunstwerk“
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„50.000 Euro waren mal viel Geld für ein Kunstwerk, heute erschüttert das niemanden mehr“, weiß Schlag. Allerdings sage ein Auktionspreis bisweilen gar nicht so viel aus über den Wert eines Werkes, sondern sei vor allem Indikator für die Kaufkraft derer, die mitbieten. „Es sind viele Leute in den Markt eingestiegen, die nach alternativen Geldanlagen suchen“, berichtet Schlag. Gerade in Zeiten, in denen mit Sparanlagen kaum noch Rendite zu erzielen sei, werde Kunst als solide Geldanlage gesehen. Weil der langfristige Wert zeitgenössischer Kunst bisweilen allerdings noch schwerer einzuschätzen ist als der Wert einer Aktie, stürzten sich viele eben auf die globalen Größen des Kunstbetriebs: Gerhard Richter, Damien Hirst oder Jeff Koons - und trieben die Preis höher und höher.
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Negativ dürfte sich diese Aufwärtsspirale vor allem auf junge Sammler auswirken. „Manche werden vielleicht verschreckt, wenn sie nur diese Rekord-Preise sehen“, fürchtet Schlag. Dabei ist Kunst für den Galeristen kein Luxus, den man sich nur mit dicker Brieftasche leisten kann. Der Kunsthändler kennt viele Sammler, die für kleines Geld mit Fotografie oder Druckgrafik begonnen haben, um sich irgendwann einmal ein Original zu leisten. Schlag beschwört die Leidenschaft des Sammlers, die in der Beschäftigung mit der Kunst und dem Künstler entstehe und nicht mit dem Blick auf die Preisentwicklung: „Kunst ist nicht per se Luxus“, sagt Schlag. Aber der Besitz von Kunst kann sehr wohl Luxus sein.“