Essen. Seit fünf Jahren gibt es in Essen die Jugendtrauergruppe: Sie hilft jungen Erwachsenen nach einem Verlust, in den Alltag zurückzukehren.

Hilflosigkeit, Angst, Trauer – wer einen geliebten Menschen verliert, kann seine Empfindungen oft schwer in Worte fassen. „Einem wird der Boden unter den Füßen weggerissen“, beschreibt Karin Ricken, ausgebildete Trauerbegleiterin, die Situation. Zusammen mit ihrer Kollegin Caren Baesch leitet sie eine Gruppe, in der Betroffene aufgefangen werden, sich gegenseitig austauschen und Wege finden können, nach dem Verlust weiterzumachen. Doch diese Gruppe unterscheidet sich von den gemeinhin bekannten Trauercafés: denn die Schützlinge von Baesch und Ricken sind Jugendliche.

Wie es überhaupt dazu kam, eine Trauergruppe nur für junge Menschen einzurichten? „Der Impuls kam aus dem ambulanten Hospizdienst im Krupp-Krankenhaus, dort sind wir seit Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterinnen.“ Die Idee: Zwar gibt es bereits spezielle Angebote für Kinder und alte Menschen – „Jugendliche befinden sich aber durch die Pubertät, die Schulzeit oder das Studium oder die Ausbildung auch in einer ganz speziellen Lebensphase und trauern darum auf ihre eigene Art und Weise.“

„Bei uns wird sowieso auch viel gelacht. Das gehört genauso mit dazu wie das Weinen“

Bereits fünf Jahre ist es her, dass die Gruppe in den Räumlichkeiten des Weigle-Hauses an der A40 zum ersten Mal zusammentraf. In der Zwischenzeit ist viel geschehen. Besonders tragisch: ein Gruppenmitglied erkrankte selbst schwer, verstarb schließlich.

Im Weigle-Haus im Essener Südviertel feierte die Trauergruppe für junge Menschen am Samstag, 14. Dezember 2019, ihr fünfjähriges Bestehen.
Im Weigle-Haus im Essener Südviertel feierte die Trauergruppe für junge Menschen am Samstag, 14. Dezember 2019, ihr fünfjähriges Bestehen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Bei der Feier des fünfjährigen Jubiläums der Gruppe am Wochenende sollte es jedoch nicht nur ernst zugehen. Als Motto hatte man den „Dia de los muertos“, den „Tag der Toten“, gewählt, der in Südamerika farbenfroh und fröhlich begangen wird. „Bei uns wird sowieso immer auch viel gelacht. Das gehört genau so mit dazu wie das Weinen“, weiß Karin Ricken.

Die Trauer braucht Zeit: Manche Jugendliche kommen schon seit fünf Jahren zu den Treffen

Derzeit umfasst die Gruppe rund 20 junge Menschen im Alter von 17 bis 35 Jahren. „Manche sind seit Beginn dabei, kommen immer wieder. Trauer braucht einfach Zeit. Aber natürlich entwickeln die Jugendlichen auch Freundschaften untereinander.“ http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/214696823

Eine von ihnen ist Dana Lammers: „Ich hatte am Anfang so meine Zweifel, ob die Gruppe mir überhaupt etwas bringt. Aber ich bin absolut eines Besseren belehrt worden.“ Besonders entscheidend: „Man kann hier jederzeit alles ansprechen. Auch Dinge, über die man mit Familie und Freunden in manchen Situationen vielleicht nicht gut reden kann.“

Jugendtrauergruppe Essen trifft sich einmal im Monat

Die Jugendtrauergruppe für junge Menschen von 17 bis 35 Jahren trifft sich einmal im Monat samstags von 14 bis 15.30 Uhr. Die Termine sind der Website zu entnehmen: https://www.jugendtrauergruppe-essen.de/

Die Teilnahme ist jederzeit ohne Anmeldung möglich. Kontakt: 0201-434 2513

Jetzt möchte die Sozialpädagogin selbst etwas von dem zurückgeben, was ihr so sehr geholfen hat, den Verlust zu bewältigen. „Ab 2020 wollen wir das Angebot ausbauen, mit der Hilfe weiterer Ehrenamtlicher“, so Dana Lammers. Auf diese Weise wolle man spezielle Angebote für jüngere Teenager und Kinder schaffen. „Wir haben aber auch Jugendliche im Hinterkopf, die die regelmäßigen Treffen im Weigle-Haus nicht ohne Weiteres besuchen können, weil sie zum Beispiel in einer Wohngruppe leben.“

Der Bedarf ist riesig – viele andere Träger interessieren sich für das Konzept der Trauergruppe

Der Bedarf ist riesig, wie Caren Baesch hinzufügt: „Wir bekommen jährlich ungefähr 60 Anfragen von Dritten, die unser Konzept für sich nutzen wollen. Wir hoffen, durch die Ausweitung ab 2020 deutlich mehr Bedürftige zu erreichen.“ Denn Trauer, das wissen alle jungen Menschen in der Gruppe, muss man nicht alleine bewältigen.