Essen. Der Rapper Ben Salomo, geboren in Tel Aviv, hielt vor 370 Oberstufenschülern in Essen einen eindringlichen Vortrag über Antisemitismus.

Der israelische Rapper Ben Salomo hat 370 Oberstufenschüler in Essen eindringlich vor Antisemitismus gewarnt. Der Rapper, der in Berlin aufwuchs und mit bürgerlichem Namen Jonathan Kalmanovich heißt, erzählte seine Lebensgeschichte, die von Vorurteilen, Hass und offen demonstrierter Judenfeindlichkeit durchzogen ist, auf die Salomo ständig stieß und stößt.

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Die ehemalige Bundesjustizministerin und jetzige Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnt vor einer zunehmenden Judenfeindlichkeit.  
Von Matthias Korfmann und Christopher Onkelbach

Es ist totenstill im Forum der Gustav-Heinemann-Gesamtschule, als Ben Salomo von seiner Kindheit und Jugend berichtet: Als er elf Jahre alt war, wandte sich sein bis dahin bester Freund von ihm ab – einfach, weil er ihm erzählte, dass er Jude sei. Ben Salomo kam nach Deutschland, als er drei Jahre alt war, und „woher dieser Hass auf Juden kommt, das weiß ich auch nicht.“

Partygäste halten ihm ein Feuerzeug vors Gesicht und drücken den Gasknopf

Doch er spürt ihn regelmäßig, mehr noch: Er bekommt ihn offen unter die Nase gerieben. Es war auf einer Party, Salomo war 15, und drei Jugendliche fragten ihn nach der „jüdischen Nationalhymne“. – „Die gibt es nicht“, entgegnete Salomo, „aber es gibt eine israelische.“ – „Doch, die gibt es“, sagten die drei Partygäste, und hielten ihm ein Feuerzeug vors Gesicht, drückten den Gasknopf: „Hörst du das ,kssssssss’“, fragten sie ihn hämisch und lachten. Salomo verschwand von der Party, „und ich entschied mich, mich nie mehr so sehr demütigen zu lassen, künftig wehrhafter zu sein. Ich schnallte mir einen Panzer um, den ich heute noch trage.“

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Doch Salomo zahlt einen Preis für seine Wehrhaftigkeit: „Ich kann niemandem mehr richtig vertrauen, und ich kann keine tiefen Freundschaften mehr schließen.“

Schon Gerüchte über Juden sind Antisemitismus

Eindringlich warnte er die Schüler davor, gedankenlos Gerüchte über Juden zu verbreiten: „Das ist schon Antisemitismus.“ Salomo fragte in die Runde im voll besetzten Forum, das gefüllt war mit Schülern der Gustav-Heinemann-, Frida-Levy-Gesamtschule, der Gesamtschule Holsterhausen sowie vom Leibniz-Gymnasium Altenessen: „Wer kennt hier einen Juden persönlich?“ Vielleicht 30 Jugendliche hoben ihre Finger. Salomo fragte weiter: „Wer kennt Gerüchte?“ Na klar, Gerüchte kennt jeder. „Das ist, weil Lügen oft interessanter sind als die Wahrheit. Lügen bieten Lösungen für komplexe Probleme an. Das haben sich schon die Nazis zunutze gemacht, und das passiert heute wieder.“

Ben Salomo hat sich aus der Rap-Szene zurückgezogen

Ben Salomo machte sich in der Rap-Szene einen Namen, als er in Berlin die Veranstaltungsreihe „Rap am Mittwoch“ ins Leben rief. Doch aus der Hiphop-Szene hat er sich mittlerweile zurückgezogen – wegen „Antisemitismus in der Szene“. Was zuletzt auch einer breiten Öffentlichkeit klar wurde, als die Rapper „Kollegah“ und Farid Bang mit einem Song, in dem offen die Auschwitz-Opfer diffamiert werden, den Musikpreis „Echo“ gewannen. Nach scharfer, internationaler Kritik wurde ihnen der Preis wieder aberkannt und der „Echo“ in seiner bisherigen Form abgeschafft.

Antisemitismus, stellte Ben Salomo in der Gustav-Heinemann-Schule klar, sei beileibe kein deutsches Problem. Offen angefeindet wurde und wird er von türkischstämmigen oder arabischen Jugendlichen. „Aber es ist egal“, sagte Salomo, „ob Du jemanden bedrohst, indem du ihn ,Du Jude!’ nennst oder ,Du Arab!’ oder ,Du Türke!’ oder ,Du Kartoffel!’ Es ist alles Verachtung, Verachtung von Menschen.“