Essen. Was wollen die Bauern? Landwirt Christoph Ridder, Chef des Bauernverbandes für die Städte Duisburg, Oberhausen, Mülheim und Essen, erklärt es.

Brutaler Preisdruck, immer mehr Vorgaben der Behörden, immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung: Landwirt Christoph Ridder (60) aus Essen sagt: „Kein Wunder, warum der Bestand der Bauernschaft in Deutschland jedes Jahr um drei Prozent sinkt.“ Der Vorsitzende des Bauernverbandes für die Großstädte Duisburg, Oberhausen, Mülheim und Essen erklärt, dass die Landwirte wieder mehr Wertschätzung erfahren müssten. Auch deshalb werde am Montag mit großen Traktor-Konvois in der Region demonstriert.

Viel Respekt der Bevölkerung – trotzdem dominieren die Discounter

Einerseits: „Wir Bauern erfahren bei unseren Demonstrationen derzeit viel Rückendeckung. Die Leute stehen am Straßenrand und heben den Daumen, wenn wir mit unseren Traktoren vorbeifahren.“ Andererseits: Wer ist schon bereit, für einen Liter Milch mehr als 1,39 Euro auszugeben? „Das ist das Problem“, sagt Ridder. „Die vier großen Supermarkt-Ketten Aldi, Lidl, Edeka und Rewe beherrschen 88 Prozent des Marktes. Dagegen ist kein Kraut gewachsen.“ Nicht jeder Landwirt könne mit eigenem Hof-Verkauf dagegen halten. Auch wenn Christoph Ridder, dessen Familie seit dem 14. Jahrhundert im Essener Osten Landwirtschaft betreibt, seinen Hof-Verkauf als wichtiges Standbein bezeichnet.

Mieten steigen, die Bürger sparen bei den Lebensmitteln

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Grundsätzlich seien niedrige Preise der Lebensmittel ein Problem für den heimischen Bauern: „Die Leute in Deutschland geben im Schnitt nur noch elf Prozent ihres Budgets für Lebensmittel aus, wir bräuchten aber 15 oder 16 Prozent. Das hat sicherlich auch mit den Mieten zu tun, die immer weiter steigen.“

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Mit ihren Traktor-Konvois demonstrieren die Landwirte vor allem gegen die Berliner Agrar-Politik: „Wir werden für alles verantwortlich gemacht - vom Klimawandel bis zum Insektensterben.“ Dabei, erklärt Ridder, verschwänden täglich in Deutschland 70 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für Straßen und Häuserbau. Und die Tierhaltung auf deutschen Bauernhöfen sei weltweit die fortschrittlichste. „Kein Mensch fragt, wie das Rind, von dem das argentinische Steak kommt, wohl gehalten wurde. Kein Wunder, dass Fleisch aus dem Ausland so billig ist. Wer weiß schon, dass 75 Prozent aller Martinsgänse, die jetzt gekauft werden, aus Polen stammen?“, fragt Ridder. Denn in anderen Ländern seien die Kontrollen bei der Tierhaltung wesentlich lascher. Deshalb sei deutsches Fleisch teurer.

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„Wir brauchen Zeit, um mitzukommen“

Auch Gewässerschutz liege den Landwirten am Herzen, Stichwort Nitrat: „Wir müssen bei der Dokumentation der Ergebnisse an den Mess-Stellen besser eingebunden werden“, fordert Ridder. Viele Umweltschutz-Auflagen seien richtig und wichtig, „aber man muss den Bauern Zeit geben, um mitzukommen.“ Stichwort Glyphosat: „Wir haben auf unserem Hof den Einsatz in nur einem Jahr um 60 Prozent reduziert. Das erreicht man aber weniger mit Verboten, sondern mit besseren Kooperationen.“