Essen. Der Gitarren-Virtuose Tommy Emmanuel bot eine solide Show in der Essener Lichtburg. Fingerpicking-Superstar kam mit jugendlicher Verstärkung.

In Zeiten, wo schüchterne Rendezvous zu rasanten Speed-Datings mutiert sind, da ist es auch mit der guten alten Wanderklampfen-Romantik nicht mehr allzu weit her. Das zeigte sich für gut 1.200 Fans von Tommy Emmanuel in der ausverkauften Lichtburg gleich vom ersten Takt an. Den legte freilich nicht der von Country-Legende Chet Atkins zum „Certified Guitar Player“ geadelte Saitenhexer vor, sondern mit Mike Dawes ein britischer Kollege. Dessen einzige Aufgabe es war, die Messlatte exakt so hochzulegen, dass der Großmeister sie später mühelos reißen konnte.

Tommy Emmanuels Finger vollführen wahre Hexentänze

Mit fingerflinkem Klangzauber und lockeren Sprüchen brachte der 30-Jährige den Kinosaal jedenfalls flott auf Betriebstemperatur. Schlag neun kam dann die Stunde der Wahrheit für alle Gitarrenfans: „Hallo, liebe Kumpels“ und dann legte er los – Tommy Emmanuel, der australische Fingerpicking-Superstar, dessen Finger wahre Hexentänze auf Saiten, Griffbrett und Korpus seines völlig vermackten Instruments aufführten. Lauter Highspeed-Exzesse in Reinkultur, unterbrochen von einigen ruhigen Balladen, die bei anderen als Up-tempo-Tracks durchgingen, die der 64-Jährige aus den Stahlsaiten seiner in Musikerkreisen als „Eierschneider“ geschmähten Gitarre drosch.

Ein Freudenfest für alle Geschwindigkeitsfanatiker

Ein Freudenfest für alle Geschwindigkeitsfanatiker als bunte Mischung aus wenigen Jazz-Standards, vielen Chet Atkins-Schlachtrössern plus eigenen Songs und einem packenden Medley mit immergrünen Klassikern der Pilzköpfe aus Liverpool. Natürlich heftig bejubelt, doch irgendwie hatte man das Gefühl, dass es bei Mike Dawes in Sachen Begeisterung doch lauter zuging. Und dann präsentierte Tommy Emmanuel mit dem 15-jährigen Freno auch noch ein Wunderkind vom Balkan. Das lieferte sich erst mit dem Altmeister ein kleines Battle, um dann mit einer rasanten Chet-Atkins-Hommage für feuchte Augen bei allen Müttern im Saal sorgen. Und seine Version von Freddie Mercury’s„Crazy Little Thing Called Love“ war auch nicht von schlechten Eltern.

Nach diesem beachtlichen Intermezzo verprügelte der Australier traditionsgemäß seine Klampfe in wilder Trommelorgie, verdrückte ein paar Tränchen über den früh verstorbenen Daddy und sorgte mit aberwitzigem „Chickenpicking“ immer wieder für Jubel bei seinen Fans. Dass die ihn in Essen schon mitreißender erlebt hatten, steht auf einem anderen Blatt.