Essen/Mülheim. Nach dem U-Bahn-Unglück von Altenessen hat die Ruhrbahn technisch aufgerüstet. Zudem startet ein neues Präventionsprojekt mit der Polizei.

Nach dem tragischen U-Bahn-Unfall mit einem lebensgefährlich verletzten 13-Jährigen in Altenessen sind Polizei und Ruhrbahn nicht zur Tagesordnung übergegangen: Gemeinsam suchte man nach Mitteln und Wegen, die solche Unglücke künftig möglichst verhindern sollen. Neun Monate später haben Vertreter des Verkehrsunternehmens und der Landesbehörde am Donnerstag sowohl technische als auch vorbeugende Verbesserungen für mehr Sicherheit auf den Strecken vorgestellt.

Zusammen mit der Industrie hat die Ruhrbahn den Prototyp eines neuen Schutzmechanismus für alle 20 Dockland-Wagen, die zum Beispiel auch auf der U17-Unglückslinie unterwegs sind, entwickelt. Jetzt deckt ein engmaschiges Lichtgitter aus Infrarotstrahlen die Ein- und Ausstiege komplett ab. Gerät etwas zwischen die Tür, reagieren sie weitaus sensibler als die bisherige Technik und öffnen sich wieder.

Rote und grüne Lichtsignale in den Türen werden Standard in Bussen und Bahnen

Bislang gab es lediglich eine herkömmliche Lichtschranke mit zwei gegenüberliegenden Punkten in einem weitaus größeren Abstand zueinander. Das Risiko, dass Arme, Beine oder Schirme in den dadurch größeren „toten“ und damit nicht überwachten Bereich geraten und die Türen deshalb nicht reagieren, war bei diesem System weitaus wahrscheinlicher, wie das Unglück in Altenessen gezeigt hat. Kommt dann dazu, dass etwas zwischen die Dichtlippen gerät, nachdem sich die berührungsempfindliche Sensorik kurz vor dem endgültigen Schließen der Türen abgeschaltet hat, um zu verhindern, dass sie bei gegenseitiger Berührung immer wieder aufspringen, können solche Unfälle passieren.

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100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, weiß Martin Dreps. Der Betriebsleiter der Ruhrbahn betont aber, dass die technische Ausstattung der Docklands und anderer Fahrzeuge den gesetzlichen Vorgaben durchweg nicht nur entsprochen habe, sondern inzwischen deutlich darüber hinausgehe. Das gelte auch für rot und grüne Lichtsignale in den Türen der neuen Straßenbahnen ab 2022, die ebenfalls für mehr Sicherheit sorgen sollen. Nur bei Grün darf ein- und ausgestiegen werden. Diese Signale sind bereits jetzt schon in den frisch ausgelieferten Mild-Hybrid-Bussen der neuesten Machart zu sehen. Zudem wird die Straßenbahnflotte mit Kameras ausgerüstet, damit die Fahrer sehen, was hinter ihnen auf den Bahnsteigen los ist. Allein die freiwillige Ausrüstung mit den neuen Infrarotlichtschranken hat rund 100.000 Euro gekostet.

Polizei und Ruhrbahn starten ab dem kommenden Jahr Mitfahraktionen

Von den fast 78.000 Schülern in Essen und Mülheim haben fast 43.000 ein Schokoticket, das bedeutet Tag für Tag Gewusel an den Haltestellen - oftmals zuviel: Kinder und Jugendliche, die sich beim Warten anrempeln, zu den einfahrenden Fahrzeugen rennen und um jeden Preis versuchen, sich in die längst vollen Wagen zu zwängen, bringen sich unwissentlich in Gefahr. Zwar bietet die Ruhrbahn seit über 20 Jahren Trainings für den sicheren Umgang mit Bus und Bahn an. Die Präventionsarbeit soll jedoch merklich ausgebaut werden. Ab dem kommenden Jahr wird es sogenannte Mitfahraktionen von Beamten der Polizei und Mitarbeitern des Verkehrsunternehmens geben. Vertreter der beiden Kooperationspartner begleiten die Linienfahrten der U- und Straßenbahnen, um den Schülern live und in Farbe das richtige Verhalten nahe zu bringen.

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Und damit die vielen Appelle auch ein bisschen länger in der Erinnerung kleben bleiben, werden Gummibärchentütchen verteilt, die mit dem Warn-Piktogramm der Türaufkleber bedruckt sind, die die Ruhrbahn auf Weisung der Technischen Aufsichtsbehörde an ihren Wagen wenige Wochen nach dem Unglück in Altenessen angebracht hat.

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Polizeidirektor Wolfgang Packmohr ist überzeugt, dass die Aufklärungsaktion der Ruhrbahn wichtig und richtig ist. Zumal insbesondere ältere Menschen und Kinder auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind – also eben jene Verkehrsteilnehmer, die am meisten gefährdet sind.

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