Essen. Freund der Mutter des misshandelten Karnaper Babys kritisiert Stadt. Kinder blieben in Obhut, obwohl von der 21-Jährigen keine Gefahr ausgehe.
Etwas über eine Woche nach dem versuchten Tötungsdelikt an dem drei Monate alten Säugling Liam in Essen-Karnap stehen sowohl kritische Nachfragen der örtlichen Politik als auch Strafanzeigen gegen Mitarbeiter des Jugendamts im Raum. Dirk Engelmann (26), ein Freund der 21 Jahre alten Mutter des Babys, das von seinem leiblichen Vater schwer misshandelt und an Feuchttüchern zu ersticken drohte, die der 21-Jährige ihm in den Mund gestopft haben soll, kündigte am Sonntag gegenüber dieser Zeitung juristische Schritte an.
Das Jugendamt wolle die beiden nach dem gewaltsamen Übergriff in Obhut genommenen Kinder im Alter von drei Jahren und drei Monaten frühestens nach dem Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen herausgeben, kritisierte Engelmann: „Und das, obwohl die Polizei betont hat, dass gegen die Mutter nicht ermittelt werde und von ihr auch keine Gefahr ausgehe.“ Der Vater könne seinem Sohn nicht mehr zu nahe kommen, da der 21-Jährige am Montag nach der Tat festgenommen und zwei Tage später in Untersuchungshaft geschickt worden war. Noch am Donnerstag habe sich die Mutter der 21-Jährigen erfolglos beim Jugendamt darum bemüht, sich als Oma um die kleinen Jungen kümmern zu können. „Da wird auf Kosten des Kindeswohls auf Zeit gespielt“, sagte Engelmann, der aber auch weitere Versäumnisse sieht.
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Anti-Aggressionstraining wurde verordnet, aber „nicht angenommen“
So sei dem Vater zwar ein Anti-Aggressionstraining seitens des Jugendamts verordnet worden, nachdem er gegen die mit Liam schwangere Mutter gewalttätig geworden war. Ob der junge Mann diese Auflage erfüllt habe, sei aber nicht kontrolliert worden. In der Tat bestätigte die Stadt im Nachhinein auf Nachfrage, dass dieses Training „nicht angenommen“ worden ist.
Durch die Maßnahme des Jugendamts erführen die Kinder in ihrer nun eh schon schwierigen Lage zusätzlich einen Entfremdungsprozess, indem man sie von ihrer Mutter fernhalte, der einzig und allein zu verdanken sei, dass Liam noch lebe. Sie habe eine Milchflasche zubereitet, als der Vater den schreienden Säugling in der Karnaper Wohnung brutal zum Schweigen bringen wollte. Die 21-Jährige sei noch gerade rechtzeitig zur Stelle gewesen, um die Feuchttücher aus dem Rachen ihres Babys zu entfernen. Der mutmaßliche Täter flüchtete, als die Mutter und eine Freundin Alarm schlugen, wurde aber drei Tage später von der Polizei gefasst.
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Nach dem Tod von Luis gelte für das Jugendamt eine „Bewährungsfrist“
Carsten Kindermann, der bald als sachkundiger Bürger für das Essener Bürger Bündnis (EBB) Mitglied im städtischen Jugendhilfeausschuss sein wird, will sich „dort kritischen Nachfragen nicht enthalten“, zumal für das Jugendamt nach dem Hitzetod des zweijährigen Luis im Sommer in Altenessen eine „Bewährungsfrist“ gelten, so Kindermann, der von der Stadtverwaltung wissen möchte, wann und in welcher Form die Ergebnisse der nach der Tragödie eingeleiteten externen Überprüfung des Jugendamtes durch das Deutsche Jugendinstitut bekannt gemacht werden.