Essen-Werden/Kettwig. Bauernschelte und fehlende Wertschätzung: Landwirte aus dem Essener Süden fahren mit Traktoren nach Bonn und wollen mit der Politik verhandeln.

Auch Landwirte aus dem Essener Süden stellen sich gegen das Agrarpaket und begeben sich mit ihren Traktoren auf den Weg nach Bonn, wo am Dienstag, 22. Oktober, eine Demonstration geplant ist. „Die Leistung der Bauern wird missachtet, Lebensmittel werden verramscht, für die Ernte wird nicht mehr gedankt, die Attraktivität des Berufes sinkt, während Auflagen und Vorschriften immer weiter ansteigen“, fasst der Kettwiger Landwirt Einhard im Brahm seinen Unmut in wenigen Sätzen zusammen, bevor er sich mit seinen Kollegen auf den Weg macht.

Benedikt Kaschinski aus Essen-Werden beteiligt sich an dem Protest in Bonn.
Benedikt Kaschinski aus Essen-Werden beteiligt sich an dem Protest in Bonn. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Mit dabei sind Benedikt Kaschinski vom Mühlenbergshof, Thomas Leuchten aus Werden, der Schuirer Landwirt Rainer Erbach, Einhard im Brahm aus Kettwig sowie Wolfgang Berns aus dem benachbartem Mintard. Gemeinsam mit einigen Familienmitgliedern reisen die Vertreter aus der Umgebung mit ihren Traktoren Richtung Bonn.

Landwirte aus dem gesamten Bundesland organisieren sich

Landwirte aus dem gesamten Bundesland organisieren sich derzeit, da sie den sozialen Frieden im ländlichen Raum durch die aktuelle Umwelt- und Landwirtschaftspolitik als gefährdet ansehen. Durch das sogenannte Agrarpaket, initiiert von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze, sehen viele Landwirte nicht nur ihre Arbeit, sondern teils auch kleine Familienbetriebe gefährdet und machen mobil. Binnen weniger Tage haben sich in der Facebookgruppe „Land schafft Verbindung“ mehr als 15.000 Mitglieder zusammengefunden.

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„Der Weg ist das Ziel“, so Einhard im Brahm, der sich von der Fahrt und der womöglich daraus resultierenden Beeinträchtigung des Verkehrs maximale Aufmerksamkeit auf den Straßen und in der Bevölkerung erhofft. Die Bauern möchten deutlich machen, dass sie nichts zu verbergen haben und die Landwirtschaft in diesem Land nur Zukunft haben kann, wenn regional gekauft wird. Nur so könne Klima-, Umwelt- und Tierschutz gewährleistet werden.

Landwirte sprechen von „Bauernbashing“

Eine Traktorenparade ist immer wieder beeindruckend.
Eine Traktorenparade ist immer wieder beeindruckend. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Der Kettwiger Einhard im Brahm klagt an, dass sein Berufsstand und der seiner Kollegen, nicht mehr wertgeschätzt würde. Er redet zudem von „Bauernbashing“, der öffentlichen Beschimpfung rund um die Landwirtschaft, die stetig zunehmen würde.

Als aktuelles Beispiel erwähnt der Kettwiger den neuen Werbespot eines bekannten Süßwarenunternehmens, gegen den der Bayerische Bauernverband bereits Beschwerde beim Deutschen Werberat eingereicht hat. In dem Spot wird die Milchviehhaltung als Tierquälerei dargestellt, um für ein veganes Produkt des Süßwarenherstellers zu werben. „Das ist diskriminierend und stellt die Arbeit von uns Landwirten in ein völlig falsches Licht“, kritisiert im Brahm und: „Ganz gleich, was mit Tieren oder mit der Umwelt passiert – die Landwirte sind immer die Sündenböcke. Das muss ein Ende haben.“

Protestaktionen könnten wiederholt werden

Von dem Bauernprotest in Bonn (sowie in weiteren deutschen Städten wie Rostock, München oder Hannover) erhoffen sich im Brahm und seine Kollegen nicht nur Respekt für ihrem Beruf, sondern auch Aufmerksamkeit und im besten Falle rasche Verhandlungsgespräche zwischen den Landwirten und der Politik.

Der Protest findet nach holländischem Vorbild statt, wo Bauern seit Wochen demonstrieren und Proteste zu endlos langen Staus auf den Autobahnen geführt haben und Debatten rund um das Thema Landwirtschaft neu entfacht wurden. Man müsse jetzt abwarten, ob es zu Gesprächsangeboten komme oder sich die Politik zurückhalte. Einhard im Brahm: „Sollte die Demonstration nicht den erwünschten Erfolg bringen, sehen wir uns gezwungen, derartige Aktionen zu wiederholen.“