Essen. Oberbürgermeister will sich der Sorgen und Ängste im Stadtteil annehmen. Zusammen mit Bürgern und Ortspolitik will Kufen zurück zur Normalität.

Bis Ende des Jahres haben die „Steeler Jungs“ ihre Donnerstags-„Spaziergänge“ bei der Essener Polizei bereits angemeldet, und Zweifel daran sind angebracht, dass sich das leidige Phänomen danach von selbst erledigen könnte. Dazu ist die rechte Bürgerwehr-Truppe nach Überzeugung von Beobachtern zu fest im Stadtteil verwurzelt. Sie hat dort ihren eigenen Treff und ist längst zum Magnet für Neonazi-Größen aus dem weiteren Umfeld geworden. Da wird man wohl kaum hinwerfen. Doch mit dem weiteren Erstarken der rechten Szene und ihrer zunehmenden öffentlichen Wirkung wächst der Unmut der Steelenser. Die wünschen sich spätestens seit dem jüngsten Antifa-Aufmarsch kaum etwas sehnlicher als Ruhe im Sprengel zu haben, auf den indes immer mehr schauen: Die Polizei, die Protestler gegen Rechts und nicht zuletzt die Medien.

Die Wege zurück zur ersehnten Normalität ausloten soll bald eine Runde, zu der Oberbürgermeister Thomas Kufen jetzt eingeladen hat: „Zur Situation im Mittelzentrum Steele“, so der Titel des Treffens am 11. November, wolle man sich austauschen mit Bürgern des Stadtteils, örtlichen Ratsvertretern und Vertretern aus Handel und Vereinen, die bereits unter einem sich verbreitenden Klima der Angst leiden: Manche Mütter wollen ihre Kinder an Donnerstagen nicht mehr zum Sport schicken, wenn Männer in schwarzen Bomberjacken ihre Runde drehen, klagen Vereinsvorstände. Und Händler schließen vorzeitig ihre Geschäfte, weiß Kufen.

Steele soll nicht auf rechte Umtriebe reduziert werden

Für den Oberbürgermeister soll die Runde im Rathaus, die zum zweiten Mal stattfindet, vor allem zwei Dinge bewirken: Ein Signal aussenden, dass man die Sorgen und Ängste der Bürger ernst nehme, aber auch eine Möglichkeit zum Ideenaustausch bieten, wie man es mit neu entwickelten Strategien schafft, Steele vor allem in seiner Außenwirkung nicht mehr nur auf rechte Umtriebe zu reduzieren. Schließlich habe die Woche noch sechs andere Tage, verdeutlicht Kufen die Stoßrichtung. Und die „Steeler Jungs“ haben auch an dem einen nicht das Sagen im Stadtteil. Denen, die trotz aller Erkenntnisse immer noch der Überzeugung sind, dass es sich bei der Truppe um völlig harmlose Nachbarn handelt, sagt Kufen inzwischen: „Das sind keine Chorknaben, sondern teils altbekannte Neonazis.“

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„Hinter einer vermeintlich harmlosen Fassade verbirgt sich womöglich ein bundesweit agierendes Netzwerk mit intensiven Kontakten in die extreme rechte Szene“, hieß es in einer Resolution, die der Essener Stadtrat bereits Ende Mai verabschiedete. Was der Verfassungsschutz noch alles über die Gruppierung weiß, wird Polizeipräsident Frank Richter bei dem Treffen am 11. November erläutern.

Es wird ein vermeintlicher Gebietsanspruch im Viertel demonstriert

„Durch ihre regelmäßige Präsenz will diese Gruppierung suggerieren, dass der Staat das Gewaltmonopol gegenüber Kriminellen und Flüchtlingen verloren habe“, schreibt die Landesbehörde in ihrem jüngsten Bericht. Deshalb reklamierten sie eine Scheinlegitimierung für sich, selbst für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. „Dabei wird auch ein vermeintlicher Gebietsanspruch der Gruppe in ihrem Viertel demonstriert.“ Der Verfassungsschutz bezeichnet die „Steeler Jungs“ klar als „bürgerwehrähnliche Gruppierung“.

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Mittlerweile gibt es auch in anderen Essener Stadtteilen ähnliche Gruppierungen wie die „Borbecker“ und die „Huttroper Jungs“, die bekanntlich erstmals am Donnerstag in ihrem Sprengel aufliefen – wenn auch mit überschaubarer Außenwirkung: Da die Polizei die Sicherheit bei einem Umzug über die vielbefahrene Steeler Straße gefährdet sah, musste die Truppe mit der unscheinbareren Spichernstraße Vorlieb nehmen. Vielleicht, so die stille Hoffnung auch des Oberbürgermeisters, läuft sich die neue Bewegung dort schnell tot.