Essen. Ein Obdachloser im Einkaufszentrum Limbecker Platz: Kunden fühlen sich gestört, ein Wachmann kommt. Da ergreift ein Passant Partei für ihn.

Ein obdachloser Mann sitzt mit einer Art Bollerwagen im Einkaufszentrum Limbecker Platz und ruht sich anscheinend aus. Kunden fühlen sich durch seinen Anblick jedoch gestört und beschweren sich bei der Kundeninfo. Als ein Wachmann erscheint, nimmt ein Passant den Obdachlosen demonstrativ in Schutz. Es kommt zu Meinungsverschiedenheiten, der Streit schaukelt sich hoch. Unterschwellig geht es um die grundsätzliche Frage, wie die Gesellschaft mit Bedürftigen umgeht, die an ihrem Rand stehen.

Der Passant ist Johannes Paus aus Essen. Am vergangenen Mittwoch (9. Oktober) nutzt der 65-Jährige in der Mittagszeit gegen 12.30 Uhr das Einkaufszentrum als Durchgang vom U-Bahnhof Berliner Platz zur Innenstadt. Dabei wird er Zeuge des Gesprächs zwischen dem Security-Mann und dem Obdachlosen. Paus erlebte die Szene so: „Der Mann saß vollkommen unauffällig auf einer Bank. Er rauchte nicht, trank nicht, war ordentlich gekleidet und nicht alkoholisiert. Neben ihm stand ein kleiner Nachläufer mit Habseligkeiten.“

Paus vermutet, dass der Obdachlose diskriminiert wird und hält inne. „Er bestätigte mir die Obdachlosigkeit und meinte, dass er wegen seiner Lebensumstände das Einkaufszentrum verlassen sollte.“ Daraufhin stellt Paus den Wachmann zur Rede, dieser wiederum zieht die Center-Managerin hinzu, die wenig später eintrifft.

„Ich habe mich zu dem Mann hinuntergebeugt und keinerlei Gerüche festgestellt“

Zunächst geht es um den angeblichen Gestank, den der Mann verbreitet habe. Kunden hätten sich darüber beschwert. Aber Paus beteuert: „Ich habe mich dann zu dem Mann hinuntergebeugt und keinerlei Gerüche festgestellt. Die Managerin hat mir das dann auch bestätigt.“

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Alexandra Wagner, die Center-Managerin, nimmt im Gespräch mit dieser Zeitung nicht nur ihren seit vielen Jahren am Limbecker Platz tätigen Wachmann („für ihn lege ich die Hand ins Feuer“) in Schutz. Sie verweist auch auf den behutsamen Umgang mit Personen, die sich nicht immer an die Hausordnung hielten. „Niemand wird sofort des Centers verwiesen, stattdessen ermahnen wir jeden, die Vorschriften der Hausordnung doch bitte zu beachten.“

Die Center-Managerin betont aber, dass der Bollerwagen mit den Habseligkeiten des Mannes gestört habe. Er sei deshalb gebeten worden, das Gefährt nach draußen zu bringen. „Das ist unser Hausrecht, erst recht wenn sich Kunden gestört fühlen“, fügt sie hinzu. Lasse er den Wagen draußen, sei alles in Ordnung. Sie verweist auf die elf Punkte umfassende Center-Hausordnung, in der es beispielsweise unter Punkt 10 heißt: „Durch das Verhalten unserer Besucher dürfen Dritte weder behindert noch belästigt werden.“

Center-Managerin: „Der Bollerwagen war störend an dieser Stelle“

Johannes Paus schüttelt den Kopf. Der Bollerwagen bzw. Nachläufer des Obdachlosen sei vergleichbar mit einem „größeren Koffer“ gewesen. Er fragt, ob auch das Mitführen solch eines Koffers zum Verweis aus dem Zentrums führe. „Darauf kam keine Antwort.“ Die Center-Managerin sagt im Nachhinein: „Der Bollerwagen war störend an dieser Stelle.“

In Absprache mit dem Obdachlosen ruft Johannes Paus nun den Polizeinotruf 110, um „Anzeige wegen Diskriminierung“ zu erstatten. Doch es vergeht eine Weile, bis der Streifenwagen mit zwei Beamten eintrifft. „Während der Wartezeit war der Mann dem Stress nicht mehr gewachsen, er bedankte sich bei mir und ging dann“, berichtet Paus. Einige Minuten später seien die Beamten eingetroffen. Weil aber der Mann, um den sich die Meinungsverschiedenheit dreht, nicht mehr anwesend ist, gibt es für die Beamten nichts mehr zu tun.

Center-Managerin Alexandra Wagner tritt dem Vorwurf, der Mann sei vom Personal des Einkaufszentrums diskriminiert worden, vehement entgegen. „Der Mann wurde definitiv nicht des Hauses verwiesen.“