Essen. Die Zahl der E-Scooter dürfte bald steigen und damit die Probleme. Die Stadt Essen sieht dennoch keinen Grund für schärfere Regeln.

Ende August sind die ersten Exemplare aufgetaucht. Inzwischen gehören sie nicht nur in der Innenstadt zum Stadtbild, sondern auch in Rüttenscheid und Holsterhausen. Und es werden immer mehr. Die Rede ist von den weiß-schwarz-grünen E-Scootern der Firma Lime, in Essen der Pionier unter den Rollerverleihern. Lime will alleine 1000 E-Scooter auf die Straße bringen. Weitere Anbieter stehen in den Startlöchern. Mit den Verleihern Tier und Circ hat die Stadt Essen bereits Kooperationsvereinbarungen getroffen. Mit dem Anbieter Bird hat ein vierter angekündigt, eventuell noch in diesem Jahr starten zu wollen.

Verfechter einer Verkehrswende sehen in den Elektro-Rollern mindestens eine Ergänzung zum öffentlichen Personen-Nahverkehr, wenn nicht gar eine Alternative zum Auto, zumindest für kurze Strecken. Andere empfinden die Leisetreter als lästig wie ein Schwarm Fliegen und stören sich daran, dass die Roller auch an unmöglichen Stellen abgestellt werden oder sich die Fahrer gar nicht an die Regeln halten.

Polizei stoppt in einer Woche neun angetrunkene E-Scooter-Fahrer

Letzteres muss auch die Polizei feststellen. So wurden allein in der ersten Oktoberwoche neun Rollerfahrer angehalten, weil sie angetrunken unterwegs waren. „Es scheint sich eine Tendenz zu entwickeln“, sagt Polizei-Sprecher Christoph Wickhorst vorsichtig. Schon beim Stadtfest Essen Original seien Scooter-Fahrer aufgefallen, die zu tief ins Glas geguckt hatten. Dass auch für das Fahren mit dem E-Roller die 0,5-Promille-Grenze gilt, ist offenbar nicht jedem bewusst.

Es gibt also Anlass genug, genauer hinzusehen wie sich das neue Verkehrsmittel im Alltag so macht. Die FDP bringt bereits eine Sondernutzungserlaubnis ins Spiel, wie sie die Stadt Düsseldorf zum 1. Januar 2020 erlassen will. Die Verleiher sollen dadurch mehr Verantwortung für das Verhalten ihrer Kunden zu übernehmen. Insbesondere das wilde Abstellen der Roller sei den Verantwortlichen im Rathaus ein Dorn im Auge, heißt es in der Landeshauptstadt. Künftig sollen die Anbieter deshalb gewährleisten, dass die Nutzer E-Scooter so abstellen, dass sie niemanden behindern oder gefährden.

Die Mehrheitsfraktionen von SPD und CDU im Essener Rat halten sich zurück. „Dass es ein Ärgernis ist, wenn die Roller im Weg stehen, ist klar“, sagt CDU-Fraktionschef Jörg Uhlenbruch. Eine abschließende Meinung zu einer Sondernutzungserlaubnis habe sich seine Fraktion aber noch nicht gebildet. Grundsätzlich habe die CDU nichts gegen E-Scooter.

Ingo Vogel, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Rat der Stadt, hält es ähnlich. Seine Fraktion wolle abwarten und schauen, welche Erfahrungen andere Städte machen, sagt Vogel und fügt hinzu: „Wir sind keine Verboteritis-Partei.“

Stadt wies Lime vier Wochen nach der Markteinführung der Roller auf Fehlverhalten hin

Auch die Stadtverwaltung hält Vereinbarungen auf freiwilliger Basis für ausreichend. „Wir sehen im Augenblick keine Veranlassung weitere Dinge über eine Satzung zu regeln“, sagt Baudezernentin Simone Raskob. Allerdings sah sich die Verkehrsbehörde vier Wochen nach der Markteinführung der Roller veranlasst, Lime auf das Fehlverhalten der Nutzer hinzuweisen.

Nicht nur das wilde Parken, auch das Aufstellen der Scooter durch den Verleiher wurde thematisiert. Denn Einfahrten und Rettungswege sind laut Kooperationsvereinbarung ebenso frei zu halten wie Haltestellen der Ruhrbahn. Maximal fünf Roller dürfen nebeneinander stehen, eine Gehwegbreite von mindestens 1,50 Meter muss frei bleiben.

Sperrzonen

Die E-Scooter-Verleiher arbeiten nach dem sogenannten Free-Float-System. Das heißt, für die Roller gibt es keine festen Stationen, die Fahrzeuge können über eine App ausgeliehen und innerhalb eines definierten Bereichs wieder abgestellt werden. Nur dort kann sich der Nutzer wieder abmelden.

Die Stadt hat Sperrzonen definiert, in denen die Scooter nicht genutzt werden dürfen. Dazu zählen die Fußgängerzone der Innenstadt und Grünanlagen. Die gesperrten Bereiche werden dem Nutzer über die App angezeigt.

Kontrollen seien in den vergangenen Wochen bereits verschärft worden, so Raskob. Die Stadt setze weiterhin auf konstruktive Gespräche mit dem Verleiher und auf Öffentlichkeitsarbeit. Dass Lime, wie jüngst auf der Rüttenscheider zu beobachten war, seine Scooter mitten auf dem Fahrradweg platziert hatte, dass dürfe natürlich nicht sein.