Essen. Aus Sicht der IHK ist es fatal, dass die Essener Ausbauprojekte A52, A40 und Ruhrallee-Tunnel auf die lange Bank kommen. Folge seien mehr Staus.

Verhaltenes Lob für die generelle Verkehrspolitik der Landesregierung, aber scharfe Kritik an den auf die lange Bank geschobenen Verkehrsprojekten in Essen - bei der Jahresversammlung der Industrie-und Handelskammer (IHK) zu Essen fand Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel deutliche Worte. NRW stehe vor der Mammutaufgabe, die Projekte des Vordringlichen Bedarfs aus dem Bundesverkehrswegeplan abzuarbeiten. „Schon allein deshalb schätzen wir das Engagement von Verkehrsminister Wüst, die A52 wieder auf die politische Agenda zu setzen.“

Abwarten und Aussitzen laute in Essen die Marschrichtung in der Verkehrspolitik

Essen mit seinen vielen Pendlern stehe vor mehreren Herausforderungen. So würden die Autobahnen rund um die Stadt zwar an den steigenden Bedarf angepasst. Allerdings seien ausgerechnet die Projekte auf Essener Stadtgebiet wie der Lückenschluss der A52, der Ruhralleetunnel oder der Ausbau der A40 zwischen Frohnhausen und dem Dreieck Essen-Ost als „Weiterer Bedarf“ auf der Wartebank geparkt, und das trotz guter Nutzen-Kosten-Bewertung. „Wenn Abwarten und Aussitzen die politische Marschrichtung lautet, darf sich niemand beschweren, wenn in Essen die Staus zunehmen. Dann steigt auch die Chance, den Titel Stadt des Stillstands zu erringen“, kritisiert Kraft Lohrengel.

In anderen Politik-Bereichen, vor allem bei der Gewerbeflächenentwicklung, bieten aus Sicht der IHK allerdings auch die Landesregierung und der Regionalverband Ruhr nichts als Ernüchterung: „Kraftvolle Impulse und eine Gesamtstrategie fehlen.“ Nach mehreren Jahrzehnten sollten im Ruhrgebiet Flächen für Wohnen, Wirtschaft und Freiraum wieder eigenverantwortlich aus einem Guss geplant werden. „Es war ein Symbol für das Zusammenwachsen einer Region und die Erwartungen waren dementsprechend hoch“. Nun aber stehe fest: Die Fertigstellung des Plans wird um mehrere Jahre nach hinten geschoben.

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Zielkonflikte mit anderen Bedürfnissen seien bei der Flächenpolitik unvermeidbar

„Eine enttäuschende Nachricht“, so die Präsidentin. „Es wird Verzögerungen bei der Neuausweisung dringend benötigter Gewerbeflächen geben und den Flächenmangel in der Region weiter verschärfen. In der Folge wird die Wirtschaftsentwicklung an der Ruhr ausgebremst“. Daneben hat die Landesregierung eine Liste mit 75 Projektideen zur Ruhrkonferenz veröffentlicht, die nun weiterverfolgt werden sollen. Leider spiele das Thema „Flächenentwicklung“ kaum eine Rolle. „An beide Vorhaben waren im Ruhrgebiet große Erwartungen geknüpft. Beide Entwicklungen hinterlassen einen faden Beigeschmack der Enttäuschung“.

Kruft-Lohrengel forderte dazu auf, bei der Ausweisung neuer Gewerbegebiete auch solche Flächen in den Blick zu nehmen, bei denen es Zielkonflikte mit dem Landschaftsschutz gibt. „Nur mit der Reaktivierung von Brachflächen allein ist der Bedarf der Unternehmen nicht zu decken.“

Sorgen wegen der vielen offenen Ausbildungsplätze

Betrübliches gebe es auch vom Ausbildungsmarkt zu berichten: „Leider mussten wir einen deutlichen Rückgang von 5,3 Prozent verzeichnen“ so Kruft-Lohrengel. Rund 3400 neue Ausbildungsverträge wurden zum Stichtag am 30. September registriert. Viele Schulabsolventen zögen ein Hochschulstudium vor, Ausbildungsplätze blieben als Folge unbesetzt, weil qualifizierte Bewerbungen fehlen. Dass der akademische Werdegang nicht für alle der richtige Weg ist, zeige aber die unverändert große Zahl an Studienabbrechern.

Sprachrohr für 53.000 Unternehmen

Die Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Essen ist für die Städte Essen, Oberhausen und Mülheim zuständig und versteht sich als Sprachrohr für die Interessen von rund 53.000 Unternehmen.

Alle Gewerbetreibenden mit Ausnahme des Handwerks, der Landwirtschaft und der freien Berufe sind Pflichtmitglieder bei der IHK, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Präsidentin ist derzeit die Oberhausener Unternehmerin Jutta Kruft-Lohrengel.

Einen besonderen Schwerpunkt legte die Präsidentin auf das Thema Ehrenamt in der Wirtschaft: Aktuell seien rund 1900 Unternehmerinnen und Unternehmer für die IHK zu Essen im Einsatz – nicht nur in den Prüfungsausschüssen, sondern auch in weiteren Gremien, wie z. B. der Vollversammlung und den Fachausschüssen. „Ich finde es bedauerlich, dass ehrenamtliches Engagement für die Wirtschaft oft nicht die Wertschätzung erhält, die es verdient“. Ehrenamt bedeute eben nicht nur soziales Engagement. „Es gibt viele Facetten, um die Zukunft mitzugestalten“.