Essen. Womöglich wird am Donnerstag in einigen Essener Büros kein Papierkorb geleert, kein WC gereinigt, kein Fenster geputzt: Gebäudereiniger streiken.

Essen und die Nachbarstädte Mülheim und Oberhausen werden morgen zum „Streik-Spot“ der Gebäudereinigung: In manchem Bürogebäude, in Schulen oder Geschäften könnten dann die Papierkörbe überquellen, könnten Fenster, Flure und Toiletten ungeputzt bleiben. In Essen werden rund 50 Reinigungskräfte von „ausgewählten Objekten“ ihren Dienst niederlegen, wie die IG Bau ankündigt.

Die Industriegewerkschaft reagiert damit auf die Kündigung des Rahmentarifvertrags durch die Arbeitgeber der Reinigungsbranche: „Die Unternehmen starten den Versuch, den Lohn zu drücken. Und das insbesondere bei denen, die ohnehin auf jeden Euro achten müssen: bei Teilzeitkräften und Mini-Jobbern“, sagt die Leiterin der IG BAU-Region Rheinland, Antonia Kühn. „Von ihnen verlangen die Arbeitgeber, dass sie eine Überstunde nach der anderen machen. Einen Zuschlag von 25 Prozent für die Mehrarbeit wollen sie aber nicht bezahlen.“

Arbeitgeber sollen Mitarbeitern mit Kündigung gedroht haben

Darum hat die Gewerkschaft zu einem 48-stündigen Warnstreik aufgerufen, der schon am Mittwoch begonnen hat, zum Beispiel mit einer Großaktion in Köln. Aus der Erfahrung im Rheinland heraus, will die Gewerkschaft im Vorfeld nicht verraten, welche Firmen in Essen bestreikt werden sollen. „Wir hatten hier große Probleme, weil betroffene Firmen erheblichen Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt haben“, berichtet Gewerkschaftssekretär Thomas Schicktanz.

So habe die für die Reinigung des Flughafens Köln/Bonn zuständige Firma kurzfristig eine Betriebsversammlung einberufen und den Reinigungskräften mit Kündigung gedroht. Und das für den Post-Tower in Bonn zuständige Unternehmen bestellte die Mitarbeiterinnen kurzerhand schon um drei Uhr nachts an der Arbeitsplatz, statt wie üblich um fünf Uhr. „Als wir die Mitarbeiterinnen abholen wollten, hatten die schon alles gereinigt“, erzählt Schicktanz. Viele der Betroffenen hätten mangelnde Deutschkenntnisse und/oder große Angst, ihren Job zu verlieren: Sie könne man daher leicht einschüchtern.

Noch bleibt geheim, wo in Essen gestreikt wird

Damit das in Essen nicht gelingt, bleibt bis Donnerstagmorgen geheim, wo gestreikt wird. In Essen gebe es mehrere Tausend Gebäudereiniger, sagt Schicktanz: „In der Regel bleiben sie unsichtbar. Sie kommen vor Dienstbeginn oder nach Dienstschluss der Angestellten, weil sie dann am wenigsten stören.“ Am Donnerstag werde aber auffallen, dass sie fehlen.

Geht es nach der IG Bau, sollen die Gebäudereiniger endlich Weihnachtsgeld erhalten. Außerdem wehrt sich die Gewerkschaft gegen die Kündigung des Rahmentarifvertrages: Die Arbeitgeber hätten diesen Ende Juli kurzerhand platzen lassen, nachdem das Bundesarbeitsgericht entschieden hatte, dass auch Teilzeitkräften der Überstundenzuschlag zusteht.

Gewerkschaft kündigt einen massiven Arbeitskampf an

Wer seit dem 1. August einen Job in der Branche aufnimmt, arbeite unter deutlichen schlechteren Bedingungen, sagt Schicktanz. Mehr noch: Viele Arbeitgeber versuchten auch Beschäftigte, die schon lange in dem Bereich tätig sind, zu überreden, geänderte Arbeitsverträge zu unterschreiben. „Wir warnen davor. Denn mit den neuen Verträgen nehmen die Betroffenen Lohneinbußen hin und verlieren viele Urlaubstage.“

Die Verhandlungen mit dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks – in der bereits sechsten Runde – werden am Montag (30. September) fortgesetzt. Für den Fall eines Scheiterns kündigt die IG Bau einen „massiven Arbeitskampf“ an.