Essen. Das Aldi Nord-Stammhaus in Essen ist zu klein für das wachsende Sortiment. Der Bau einer größeren Filiale soll noch in diesem Jahr beginnen.

Nach 100 Jahren ist es das Aus für das Aldi-Stammhaus an der Huestraße in Essen: Für das stetig wachsende Sortiment des Lebensmittelhändlers ist die Filiale endgültig zu klein geworden. Noch in diesem Jahr möchte Aldi Nord mit dem Bau einer doppelt so großen Filiale in der Nähe des Stammhauses beginnen.

Ende 2020 soll der neue Aldi-Markt mit knapp 1300 Quadratmetern fertig sein, erklärt das Unternehmen. Der Bebauungsplan sei im August in Kraft getreten.

Das Stammhaus, in dem die Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht geboren und aufgewachsen sind, soll laut Unternehmen künftig anderweitig genutzt werden: „Hierfür werden derzeit zahlreiche Möglichkeiten mit Interessenten geprüft.“ Aldi Nord verdeutlicht, dass auch ein externer Nutzer für die Gewerbefläche in Frage kommt. Die Gründerfamilie habe sich jedoch dafür ausgesprochen, dass das Gebäude im Besitz des Unternehmens bleibe.

Aus für das Aldi-Stammhaus: Handelanalyst spricht von konzeptioneller Befreiung

Handelsanalyst Matthias Queck sieht in dem geplanten Auszug von Aldi aus dem Stammhaus weit mehr als nur einen Filialumzug. Dieser Schritt verdeutliche die neue Freiheiten des heutigen Managements im Gegensatz zu den puristischen Konzepten der gestorbenen Aldi-Gründer. „Das ist schon eine Abnabelung von den manchmal übermächtigen Übervätern des Discounts, Karl und Theo Albrecht.“ In manchen Punkten sei es eine „konzeptionelle Befreiung“.

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Das Ausweiten des Sortiments berge aber auch ein Kostenproblem von der Logistik über das Personal bis zum Filialnetz selbst. Neue Standorte kosteten eben viel mehr Geld.

Der Trend zu größeren Filialen ist ein verbreiteter

Der Trend zu größeren Filialen bei Discountern ist laut Erkenntnissen des Handelinstitutes „EHI Retai“ ein verbreiteter. Laut dessen Daten habe sich die Verkaufsfläche bei Aldi Nord pro Filiale von 2010 bis 2018 um zehn Prozent auf 848 Quadratmetern vergrößert. Beim Schwesterunternehmen Aldi Süd sind es rund fünf Prozent (889 Quadratmeter) mehr, bei Lidl ein Plus von 5,6 Prozent (898 Quadratmeter). Auch bei Penny, Norma und Netto erkennt das Institut größer werdende Filialen.

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Ein Trend zu größeren Räumlichkeiten sei auch bei Edeka und Rewe zu erkennen: „Auch die Supermärkte werden größer, auch weil die Discounter größer werden“, schildert EHI-Geschäftsführer Michael Gerling. Das läge am Zuwachs von zusätzlichen Produkten im Sortiment.

Ehemaliger Aldi-Manager: „Aldi ist jetzt ein halber Rewe“

Dieter Brandes, früherer Aldi-Manager, sieht gravierende Veränderungen: „Aldi ist nicht mehr der, der er war. Auch nicht in den Ergebnissen.“ Ursprünglich sah das Urkonzept eine Beschränkung auf 450 Artikel bei Aldi Süd und 600 bei Aldi Nord vor.

Heute sei es das Vielfache. „Die brauchen immer mehr Platz - weil sie immer Reste aus der vorherigen Aktion haben“, unterstreicht Brandes und verweist auch auf Markenware in der Aktion. „Aldi ist jetzt ein halber Rewe.“ Nur die Frischetheken für Fleisch und Käse fehlten.

Unternehmerfamilie Albrecht fing mit einem Backwarenhandel an

Die Unternehmerfamilie Albrecht fing zunächst mit einem Backwarenhandel an, den die Eltern von Karl und Theo 1913 im heutigen Essener Stadtteil Schonnebeck eröffnet haben. Er befand sich in Anna Albrechts Elternhaus an der heutigen Huestraße. Die Familie verlegte 1919 ihr Geschäft in das benachbarte Geschäftshaus, dass das Ehepaar gekauft hat. Den neuen Laden nannten sie „Kaufhaus für Lebensmittel Karl Albrecht“. Aldi selbst bezeichnet das Gebäude als Stammhaus.

Als die Albrechts 1948 aus dem Geschäft eine Kette entwickelten, diente das Stammhaus in den ersten zehn Jahren als Zentrale. Die erste Discounter-Filiale unter dem Namen „Aldi“ ging 1962 in Dortmund an den Start. (dpa)