Essen/Münster. Polizei Essen veröffentlichte auf Facebook Fotos von Demoteilnehmern. Richter nannten das rechtswidrig. Die nächste Instanz bestätigt das jetzt.

Die juristische Auseinandersetzung um die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen der Polizei Essen in sozialen Netzwerken ist in die nächste Runde gegangen - und wieder haben die Kläger Recht bekommen: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster setzte der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit an diesem Dienstag eine klare Grenze: „Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Essen waren nicht berechtigt, Fotos von einer Versammlung in Essen-Steele zu machen und diese auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie bei Twitter zur veröffentlichen“, heißt es da.

Schon vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen war die Klage des Versammlungsleiters und eines Teilnehmers der Demo gegen den Aufmarsch der selbsternannten „Eltern gegen Gewalt“ am 6. Mai 2018 in Essen-Steele erfolgreich. Richter stellten die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Behörde fest. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ließ allerdings die Berufung des Landes NRW wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Rechtsanwalt erwartet eine Grundsatz-Entscheidung in Münster

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger, Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, erwartete nun eine Grundsatzentscheidung in Münster. Er vertritt die zwei Kläger, deren Aufnahmen nach der Versammlung in Essen-Steele von der Polizei veröffentlicht worden waren.

Prigge verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine abschreckende Wirkung mit der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar sei.

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„Die Versammlungsfreiheit verbietet es der Polizei, Fotos von Versammlungen zu fertigen, auch wenn diese für die Öffentlichkeitsarbeit bestimmt sind. Denn für Teilnehmer ist nicht erkennbar, wie diese Fotos verwendet werden. Wer den Eindruck haben muss, von der Polizei überwacht zu werden, wird von einer Teilnahme möglicherweise abgeschreckt“, ist Prigge überzeugt.

Versammlungsfreiheit ist für Kläger von zentraler Bedeutung

„Für die Demokratie ist die Versammlungsfreiheit von zentraler Bedeutung. Deshalb braucht es ein starkes Signal, dass die Polizei hier geltendes Recht verletzt hat“, erklärte auch Christian Baumann, einer der Kläger und damals Versammlungsleiter der Gegendemo in Steele. „Auch eine moderne Öffentlichkeitsarbeit über Facebook und Twitter rechtfertigt es nicht, Versammlungsteilnehmer zu fotografieren, diese Bilder zu speichern und im Internet zu verbreiten.“

Durch die jetzige Entscheidung dürfen sich die Kläger in ihrer Argumentation bestätigt fühlen. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien „grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken“, heißt es in der Urteilsbegründung.