Essen. Tolle Bands und großartige Atmosphäre: Musiker wie Thees Uhlmann und „Wirtz“ machten das „Zeche Carl Open Air“ zum vollen Erfolg.
Bestes Sommerwetter, eine großartige Kulisse und ein erstklassiges Line-up: Besser hätte der Start des „Zeche Carl Open Air“ wohl nicht laufen können. Zwei Tage lang sorgten angesagte Musiker wie „Wirtz“, die kraftvollen Deutschrocker „Deine Cousine“ und der einstige „Tomte“-Sänger Thees Uhlmann für ein restlos begeistertes Publikum.
Der Musiker, Buchautor und Labelchef moderierte sein Bühnen-Comeback nach mehr als fünf Jahren mit gewohnt selbstironischem Ton. So erzählte er von einem Treffen mit den Toten Hosen in einem Liverpooler Pub, die ihn sofort erkannten. Borussia Dortmund gastierte damals für ein Match in der englischen Stadt. Campino und Co begrüßten ihn herzlich. Sie prosteten sich für ein Selfie zu, das am nächsten Tag in einer Boulevardzeitung landete, ergänzt mit der Schlagzeile: „Auch die Toten Hosen besuchten das Spiel. Neben ihnen ein lokaler Eisverkäufer.“
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Uhlmanns Anekdote sorgt nicht nur für einen Lacher im Publikum. Diese lange Anmoderation gibt auch das Selbstverständnis wieder, das in seinen Texten anklingt: die bierselige Lebensfreude, die fußballbegeisterte Lokalverbundenheit und eine ordentliche Prise Selbstironie. Hinzu kommt die Haltung des Künstlers. Denn die Tickets für das Spiel in Liverpool besorgte ihn damals der ehemalige BVB-Fußballspieler Neven Subotic, dessen Stiftung für sauberes Wasser in Äthiopien Uhlmann seit ihrer Bekanntschaft unterstützt. Politische Zwischentöne verpackt der Singer-Songwriter damit nicht nur in seine Verse.
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Soziales Engagement gehört auch zu seinen Konzerten. Gerade das mögen viele Fans an ihm. „Er ist als Mensch an sich einfach authentisch und sympathisch“, sagt Christian Peusel. Zuhause, in Düsseldorf, hat der 46-Jährige natürlich beide LPs von Uhlmann im Regal stehen. Bald wird wohl eine dritte Platte folgen. Denn mit seiner frisch zusammengewürfelten Band präsentiert der 45-jährige Musiker auf Zeche Carl auch Songs aus seinem neuen Album „Junkies und Scientologen“, das am 20. September erscheint. Höhepunkte sind aber natürlich altes Hits wie „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“.
„Er drückt ja nicht nur auf die Tränendrüse“
Denn Verse über die Geburt in einem Opel-Kadett oder ein Pierre Littbarski-Poster über dem Bett versprühen ein gewisses Generationsgefühl. „Wir sind ja ein Jahrgang“, sagt Dirk (44), der aus Münster angereist ist. Seine Frau Sarah (37) mag dagegen die kritischen Zwischentöne: „Er drückt ja nicht nur auf die Tränendrüse.“ Wie viele andere Besucher zeigt sich das Paar von der Industriekulisse begeistert. „Wir sind ganz überrascht, wie schön das hier ist.“
Im Pyjama auf der Bühne
Der Malakowturm und das Maschinenhaus leuchten um diese Uhrzeit mittlerweile in roten Farben. Pop- und Rock-Musiker wie Daniel Wirtz oder „Deine Cousine“ treten beim zweitägigen Zeche Carl Open Air auf. Denn Auftakt übernimmt am Freitagabend die Band „Fortuna Ehrenfeld“. Mit Versen wie „Papaya, Banane, Melone“ versprühen die Indie-Pop-Musiker einen dadaistischen Charme. Martin Bechler, Frontmann und Texter, der Kölner kauert im Pyjama auf der Bühne. Und genehmigt sich zwischendurch einen Schluck Bier oder Rotwein bei ihrem 45-minütigen Auftritt. „Die Zeit reicht ja noch nicht mal, um besoffen zu werden“, beklagt Bechler.
Denn das Trinken erfüllt an diesem Abend einen Zweck. Viele Pfandbecher wandern in die Tonne von „Viva con aqua“. Die Organisation setzt sich wie die Neven Subotic-Stiftung für sauberes Wasser in sogenannten Entwicklungsländern ein. „500 Millionen Menschen haben ja keinen Zugang dazu“, klärt „Viva con agua“-Koordinatorin Lena Muchermann auf. „Dadurch entstehen letztendlich Krankheiten.“ Mit den Spenden sammelt die Initiative unter anderem Geld für einen Brunnen, für den allerdings einige tausend Euro erforderlich sind.
Spätestens als Thees Uhlmann einen alten Hit aus „Tomte“-Zeiten anstimmt, steigt mit der Tanzstimmung auch der Trinkpegel, den der Solokünstler in einigen Versen besingt. Und vielleicht unterstützt der „lokale Eisverkäufer“ mit diesem langen Konzertabend die Finanzierung eines Brunnens.