Essen. Die E-Scooter sollen ab Donnerstag in Essen ausleihbar sein. Anbieter Lime will Sicherheitstrainings anbieten. Polizei befürchtet mehr Unfälle.

Für die einen sind sie ein kleiner Antrieb für die innerstädtische Verkehrswende, für die anderen ein zusätzliches Unfallrisiko in den eh schon übervollen Metropolen: In dieser Woche wird sich auch in Essen zeigen, wohin das Pendel in Sachen E-Scooter ausschlägt. Der Anbieter Lime will seine Roller voraussichtlich ab Donnerstag erstmals ins Getümmel schicken.

Dieser Termin ist der Stadt zumindest in Aussicht gestellt worden, sagte deren Sprecherin Silke Lenz auf Anfrage. Details müssten aber noch kommuniziert werden. Wie viele der grün-weißen Fahrzeuge in Essen an den Start gehen, ist noch nicht geklärt, bestätigte ein Unternehmenssprecher am Dienstag. Polizei und Verkehrswacht Essen begegnen dem neuen Angebot bereits mit Skepsis, weil sie mehr Verstöße gegen die Verkehrsregeln, mehr Unfälle und mehr Verletzte befürchten.

In neun Wochen rund 500.000 Fahrten in Berlin

Seit fast neun Wochen sind die E-Scooter von Lime, das sich selbst als „führenden Anbieter innovativer und smarter städtischer Mobilitätslösungen“ bezeichnet, in Deutschland verfügbar. Allein in Berlin wurden seit dem Start 500.000 Fahrten absolviert, erklärte das Unternehmen. Auch in Essen sollen die E-Scooter den lokalen Anforderungen und Gegebenheiten der Stadt entsprechend an geeigneten Standorten bereitgestellt werden. Welche das sein werden, war bis Dienstag noch nicht klar. Die Roller mit Elektromotor werden über eine Smartphone-App ausgeliehen, man kann sie also auch spontan nutzen.

Lime kooperiert dazu unter anderem mit dem Zahlungsdienstleister N26, dessen Kunden bis zum Jahresende nur die Hälfte zahlen. Genaue Preise für die Ausleihe der Fahrzeuge sind noch nicht bekannt. Auch in Essen will das Unternehmen Helfer bereit stellen, die die Nutzer nicht nur darauf hinweisen, wo und wie die Scooter abgestellt werden, sondern sie auch auf dafür vorgesehene Stellflächen umparken, wenn sie Wege blockieren. Zudem sollen ein Fahr- und Sicherheitstrainings angeboten werden, kündigte Lime an.

Verkehrswacht und Fahrradclub befürchten Risiken auf Radwegen

Die Essener Verkehrswacht und der Fahrradclub ADFC hatten sich schon früh skeptisch zur Freigabe von E-Tretrollen auf Radwegen geäußert, weil sie Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Nutzern von Tretrollern befürchten. Die Stadt sieht dagegen den Einsatz von E-Scootern „eher positiv“, weil durch deren Nutzung „ein positiver Beitrag hinsichtlich einer Verlagerung vom Auto- zum Umweltverkehr eintreten“ kann, hieß es vor Monaten. Für eine abschließende Bewertung auch hinsichtlich der Unfallentwicklung und der Stellplatzsituation müssten aber erst Erfahrungen gesammelt werden.

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Karl-Heinz Webels, Vorsitzender der Essener Verkehrswacht, kritisiert die fehlende Helmpflicht, zumal gerade bei ungeübten E-Scooter-Piloten Stürze zu befürchten seien. Wie Wolfgang Packmohr, Chef der Verkehrsdirektion der Polizei, sieht auch Webels zudem die Gefahr, dass mit den Tretrollern nun noch mehr Fahrzeuge auf den Gehwegen unterwegs sind und dort neben Radlern zum zusätzlichen Risiko für Fußgänger werden. „Wir befürchten steigende Unfallzahlen“, sagte Packmohr am Dienstag. Für den Polizeidirektor ist es nach wie vor ein Unding, dass das zulassungspflichtige Kraftfahrzeug E-Scooter ganz legal auch von Nutzern bewegt werden kann, die im schlimmsten Fall noch nie etwas von den Regeln im Straßenverkehr gehört haben. Unter Umständen wissen sie gar nicht, dass Roller auf Gehwegen generell verboten sind: „Wie kann ich ein Kfz in Verkehr bringen, ohne den Nutzern die Regeln nahegebracht zu haben?“

Erschwerend komme hinzu, dass ein E-Scooter an sich instabil sei: Erst kürzlich sei eine Fahrerin in Essen so schwer verunglückt, dass sie mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma auf der Intensivstation einer Klinik behandelt werden musste. „Wir überlegen zusammen mit der Verkehrswacht, Sicherheitstrainings anzubieten“, kündigte Packmohr an.