Karnap. Steine bemalen, verstecken und selbst zu suchen, ist in vielen Stadtteilen jetzt Trend. Wer mitmacht, will anderen eine Freude bereiten.

Ein Trend aus den USA hat jetzt auch den Essener Norden erreicht: „Rock painting“. Es macht Spaß, hat etwas von Schnitzeljagd und zieht immer mehr Leute in den Bann. Wie Marie Nowald-Grambow. Sie bemalt mit täglich mehr Menschen im Stadtteil Karnap Steine in verschiedenen Größen. Bei den Farben und Motiven sind keine Grenzen gesetzt. Da dürfen sich Steinmaler jeden Alters fantasievoll austoben.

Karnaper werden noch steinreich

Rüdiger von Quak, die Froschfigur der Märchenerzählerin, mit den selbst bemalten Karnaper Kieseln auf einer Bank im Kistengarten an der Timpestraße.
Rüdiger von Quak, die Froschfigur der Märchenerzählerin, mit den selbst bemalten Karnaper Kieseln auf einer Bank im Kistengarten an der Timpestraße. © FUNKE Foto Services | Martin Horn

Bei gutem Wetter kann man Marie Nowald-Grambow morgens im Kistengarten an der Timpestraße treffen. Dort sitzt die Karnaperin mit einem ganzen Korb bemalter Steine auf einer Bank. „Gerade habe ich wieder einen gefunden“, freut sich die 53-Jährige. Viele Leute fragen sie, was das für ein neues Hobby ist. „Man bemalt Steine, versteckt sie und hofft, dass andere sie finden.“ Wer einen Karnaper Kiesel, kurz KAKI, entdeckt, postet den Fund bestenfalls noch mit einem Foto auf die gleichnamige Facebook-Seite. Im Moment steigt die Zahl der Mitglieder täglich, trotz der Sommerferien. Ab September wollen sich noch der Kindergarten und die Maria-Kunigunda-Grundschule der Gruppe anschließen. So dürfte für genügend Nachwuchs gesorgt sein. Und die Karnaper werden auf diese Weise „steinreich“.

Treffpunkt Karnap im evangelischen Gemeindezentrum

Der „Treffpunkt Karnap“ ist eine offene Veranstaltung für Menschen aus dem Stadtteil. Er findet alle zwei Wochen samstags im Gemeindezentrum an der Hattramstraße 33 statt.

Das Angebot erfreut sich großer Beliebtheit bei allen Altersgruppen. Ein ehrenamtliches Vorbereitungsteam, weitere Helfer sowie Kooperationspartner wie das „Zukunft Bildungswerk“ mit Turgay Tahtabas, die Initiative „Carnap Tiptop“ und die „Märchenmarie“ organisieren die Veranstaltungen.

Nowald-Grambow hat den Trend aus Hattingen importiert, wo ihre Schwester lebt und Steine am Ruhrufer versteckt. Das Vergnügen ist recht günstig: Handgroße oder auch kleinere Kiesel gibt es für ein paar Cent im Baumarkt. „Bitte keine Steine aus Vorgärten entwenden“, bittet die Initiatorin. Man will anderen mit den Steinen schließlich eine Freude bereiten und keinen Ärger bescheren.

Wer einen Stein findet, ist einen Moment glücklich

„Wer am Wegrand, auf der Wiese oder in einem Gebüsch einen gestalteten Kiesel findet, ist einen Moment lang glücklich“, weiß Andrea Lüttecke. Die 42-Jährige wohnt auch in Karnap und war eine der ersten, die sich der Gruppe angeschlossen haben. Im Stein-Fieber sozusagen. An der Lohwiese, vor der Schule oder auch am Seniorenheim hat sie schon ihre Steine hinterlegt.

Manchmal gehen die kleinen Kunstwerke sogar auf Reisen. Freunde oder Bekannte aus anderen Stadtteilen oder anderen Städten nehmen die Findlinge mit und verstecken sie in ihrem Umfeld. Und einige Karnaper haben sich leichtere Kiesel in den Koffer gepackt und sie im Urlaub versteckt. Auf diese Weise könnte das Quartier noch weltweit berühmt werden.

Acrylfarbe und Klarlack als Schutz vor Nässe

Marie Nowald-Grambow zeigt die neue Schmetterlingsserie. Die Steine werden im Stadtteil, aber auch außerhalb versteckt.
Marie Nowald-Grambow zeigt die neue Schmetterlingsserie. Die Steine werden im Stadtteil, aber auch außerhalb versteckt. © FUNKE Foto Services | Martin Horn

Bis an die Nordsee jedenfalls haben es die „KAKI“-Kiesel schon geschafft, weiß Lüttecke. „Natürlich bereitet auch die Suche allen Generationen Freude“, betont sie. Zum Gestalten nutzt sie Acrylfarbe und anschließend Klarlack, damit das Motiv auf dem Stein vor Schmutz und Nässe geschützt ist. Aber auch Acrylstifte, die es für ein paar Euro beim Bastel-Discounter gibt, eignen sich gut zum „rock painting“.

Dass Marie Nowald-Grambow es bunt mag, trägt sie gern nach außen. Die im Stadtteil auch als „Märchenmarie“ und „Botschafterin des Märchenlandes“ bekannte Maskenbildnerin tritt seit 25 Jahren bei Festen und Feiern als Erzählerin in ihrem Zelt auf. „Ich liebe Märchen und sammele sie. Märchen sind ganz besondere Geschichten. Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben, manche sind viele hundert Jahre alt und haben ihren Zauber bis heute nicht verloren.“ An ihrer Seite sitzt die Froschpuppe „Rüdiger von Quak.“ Der sei ihr Assistent, sagt die märchenhafte Dame in der bunten Häkeljacke. Das Stück hat sie über viele Jahre selbst gestaltet und mit Knöpfen, Broschen und anderen Kleinigkeiten verziert. „Das ist auch so ein Hobby von mir!“

Fest der Herzen am 14. September

Zurück zu den Steinen: Als neues Serie gibt es jetzt Schmetterlings-Motive auf den Karnaper Kieseln. Weitere Ideen sollen beim „Treffpunkt Karnap“ ausgetauscht werden. Der findet an jedem zweiten Samstag im Monat von 14 bis 16.30 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum an der Hattramstraße 33 statt. Der nächste Termin nach der Sommerpause ist der 14. September. Dann wird auch das „Fest der Herzen“ gefeiert - eine friedliche Zusammenkunft von Nachbarn aus vielen Teilen der Erde.