Essen. Henning Christoph hofft weiter auf Umzug des Voodoo-Museums und will am neuen Standort ein Begegnungszentrum etablieren. Kooperation mit Vereinen
Der Juju-Mann hat einen Knoten im Kopf. Nur widerwillig will sich der afrikanische Bruder einer Vogelscheuche mit Zauberkraft seine schwere Kutte mit den Totenkopfzeichen vom ausgestopften Rumpf reißen lassen. Doch der Juju-Mann muss umziehen. Henning Christoph, Betreiber des Soul-of-Africa-Museums (SOA), hat seine Sammlung ab Oktober für mehrere Monate ans Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim verliehen. Christoph hofft, dass es nicht der letzte Umzug ist, sondern dass die nächste Station das neue Museum an der Martinstraße ist. Zuletzt allerdings hatte das Umzugsprojekt im Kulturausschuss Gegenwind von Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain bekommen. Die Sammlung sei als solche faszinierend. Doch ein passendes Förderprogramm für den Umbau des ehemaligen RWE-Schalthauses sei nicht in Sicht, das Konzept der langfristigen Finanzierung nicht ausgereift, so Al Ghusain. Christoph und sein Mitstreiter Markus Matzel widersprechen und wollen nun einen neuen, vielleicht letzten Anlauf wagen.
Am 20. August soll es ein Treffen mit dem Büro von Oberbürgermeister Thomas Kufen, den Vertretern von Kultur- und Bauamt sowie der Bezirksregierung geben, um einen neuen Förderantrag beim NRW-Bauministerium vorzubereiten. Bis zum 30. September müsste die Stadt das Papier dann in Düsseldorf eingereicht haben, so will es der formelle Weg. Ob das Programm „Investitionspakt soziale Integration im Quartier“ am Ende der Schlüssel zum Erfolg des seit Jahren diskutierten Umzugs nach Rüttenscheid ist, wird sich dann zeigen. Manche halten Rüttenscheid eben nicht für einen Kiez, wo soziale Infrastruktur das Problem ist.
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Doch genau da haken Christoph und Matzel ein. Rund 50 Prozent der zuletzt vom Bauministerium bewilligten Investitionspakt-Projekte hätten außerhalb der so genannten Bezirkskulissen gelegen. Was zähle, sei die Ausstrahlung und Vernetzung in andere Stadtteile und bestimmte Zielgruppen. Wie das in Essen funktionieren soll, haben Christoph und Matzel schon ausgemacht und ein Afrika-Parlament mit über 20 Essener Vereinen gegründet. Sie sollen im neuen Soul-of-Africa-Museum an der Martinstraße einen Ort für Austausch und Bildung finden, vom Alphabetisierungskurs bis zum Festival und das SOA damit auch zu einem stadtweiten Begegnungs- Informations- und Kulturzentrum machen. Biergarten und Urban Gardening inklusive.
Die Idee habe es schon lange gegeben, nur seien die alten Räume an der Rüttenscheider Straße viel zu klein, betont Henning Christoph, der seine umfangreiche Sammlung derzeit in Kisten und Kartons verstaut. Leergeräumt bleibt die langjährige Heimat von Mami Wati und dem Juju-Mann allerdings auch nicht. Ab September werden dort „Secrets“ gelüftet.
Im Museum werden Geheimnisse gelüftet
Den Titel der neuen Ausstellung darf man wörtlich nehmen. Es geht viel um Geheimgesellschaften, in denen sich Christoph nicht selten Mitglied nennen darf. Nur so habe er die Zeremonie des legendären „Gorilla-Bund“ fotografieren können. Und in Oku (Kamerun) ist er nun ein Fai, ein Mann von höchstem Rang in Sachen Kultur. Als solcher hat er auch Zugriff auf seltene Kultstücke. So wird für die neue Ausstellung beispielsweise eine ganze Heilerpraxis aus Kamerun nach Essen kommen. Zu den neuen Ausstellungsstücken gehört auch das „Gorilla-Gericht“, eine drastische plastische Darstellung von Naturausbeutung. Eine andere Arbeit zeigt US-Präsident Donald Trump mit Teufelshörnchen, wie er die Erdkugel gerade über die Klippe kippt.
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Henning Christoph, der preisgekrönte Fotojournalist und Ethnologe, könnte noch zig Ausstellungen mit den Objekten bestücken, die er auf seinen jahrelangen Reisen vor allem durch West- und Zentralafrika gesammelt hat. Manches davon hat er im letzten Moment Terrormilizen wie Boko Haram entrissen. Mit der Ausweitung der Ausstellungsfläche von 85 auf 500 Quadratmeter an der Martinstraße wäre Raum für vieles. Doch es brauche die Bereitschaft der Stadt Essen, sich an den Umbaukosten zu beteiligen, damit Bund und Land mitziehen, heißt es aus dem SOA. Zehn Prozent der Antragssumme hätte die Stadt einmalig zu berappen, 15 Prozent kämen vom Land, 75 Prozent vom Bund, so die Rechnung. Die laufenden Kosten, versichert Christoph, will der Trägerverein später ohne kommunale Finanzierung stemmen – durch Eintrittsgelder, Kooperationen und Stiftungsprogramme.
Museum hat viele Fürsprecher
Das Soul-of-Africa-Museum betreibt der Sammler und Ethnologe Henning Christoph bereits seit 18 Jahren an der Rüttenscheider Straße. Seine Sammlung gilt als bundesweit einzigartig. Auf der Liste der Fürsprecher stehen Institutionen wie die Deutsche Unesco-Kommission, der Lehrstuhl für Ethnologie der Ruhr-Uni Bochum oder das Landeskriminalamt NRW.
Für die umfassende Präsentation der Sammlung hat Innogy an der Martinstraße das ehemalige RWE-Schalthaus in Aussicht gestellt. Für das 1500 Quadratmeter große Gelände mit Gebäude soll ein Pachtzins von 500 Euro fälligwerden, auf 25 Jahre festgelegt.
Laut Machbarkeitsstudie könnte das Museum mit bis zu 10.000 Besuchern pro Jahr rechnen.
Personell ist das Konzept mit zwei Personen bislang allerdings schlank kalkuliert, weitere Honorarkräfte sollen für die Vermittlung sorgen. „Eine Chance wie diese wird es nicht mehr bekommen“, sagt Christoph, der fürchtet, dass das von Innogy in Aussicht gestellte RWE-Schalthaus an der Martinstraße nicht mehr ewig fürs SOA freigehalten wird. Seine Energie immerhin hat er auch nach achtjähriger Verhandlung nicht verloren. Vorurteile abzubauen, Informationen zu vermitteln und Begegnung zu ermöglichen – diese Aufgaben sieht der 75-jährige Afrika-Experte von Tag zu Tag bedeutender werden.